Indie: Der Philosoph unter den Pop-Stars

Mit dem ersten Album landete das Projekt Get Well Soon einen Achtungserfolg. Jetzt kommt der Nachfolger – und die hohen Erwartungen werden sogar getoppt.

Oslo, Stockholm, Mailand, Brüssel und Paris - es sind nur einige Stationen der Tour 2010. So international spielt die Band Get Well Soon mittlerweile. Oder besser gesagt Musiktüftler Konstantin Gropper, der aus dem Schwabenland auszog, um die Welt zu erobern.

Dass er mal "was mit Musik" machen will, war nicht immer klar. Dabei ist er familiär vorbelastet, sein Vater arbeitet als Musiklehrer, er selbst spielte bereits mit fünf Jahren - nein, nicht wie viele andere Kinder Klavier, sondern das eher exotische Cello. Seinen Gesang verfeinerte er als 13-Jähriger "mit einer Punk-Schülerband und im Chor".

Doch nach dem Abitur kam alles erstmal ganz anders. Er studierte in Heidelberg Philosophie und Germanistik, zog aus dem Elternhaus im ländlichen Biberach aus und nach Mannheim um.

Schnell merkte er, dass das Studium wohl doch nicht das richtige für ihn ist, und er bewarb sich bei der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim, die mittlerweile bundesweites Ansehen genießt, weil sie sich Gastdozenten wie Xavier Naidoo, Udo Lindenberg oder Smudo leistet. Nach drei Jahren hatte er seinen Abschluss, einen Bachelor of Arts.

Seine Band gründete er kurz danach. Ein guter Freund hatte ihm den Namen Get Well Soon (Gute Besserung) nahegelegt. Gropper gefiel das.

Überhaupt sind es nur gute alte Freunde, die mit ihm musikalisch zusammenarbeiten. Selbst seine jüngere Schwester Verena ist als Bandmitglied dabei, sie singt und spielt Violine. Alles wirkt wie ein fröhlicher Familienbetrieb, wie eine Kapelle aus dem Hobbykeller.

Bis Oktober 2008. Da erschien das Debütalbum der Band, Titel: "Rest Now, Weary Head! You Will Get Well Soon". Die Reaktionen euphorisch zu nennen, wäre untertrieben. Die atmosphärisch dichten, klanglich äußerst frickeligen Songs stießen spontan auf Gegenliebe, nicht nur bei den einschlägigen Musikgazetten, sondern auch beim zahlenden Publikum. Die Platte stieg in den deutschen Charts auf Platz 28 ein, für den Erstling einer eher sperrigen Indie-Formation ein Riesen-Erfolg.

Nun, gut ein Jahr später, folgt bereits das schwierige zweite Album. Der Titel rückt diesmal etwas näher an die band-typische Düsternis heran als der hoffnungsfrohe Name des Debüts. Während damals noch lauschig zum Innehalten aufgefordert wurde, lässt "Vexations", zu Deutsch: Ärgernisse, keinen Zweifel daran, dass Gropper seine Zuhörer fordert.

Hat er selbst etwa in letzter Zeit einige Spannungen erlebt? "Eigentlich nicht", antwortet der 27-Jährige im Gespräch. "Das ist ein Kunstwort. Ich denke da eher daran‚ wie man mit Konflikten im Leben umgeht."

Seine Musik lässt sich schwer in Worte fassen, sie klingt oft wehmütig und geheimnisvoll. Besonders seine Stimme erinnert an die Meister dieser Disziplin - Leonard Cohen oder Nick Cave. Er selbst sagt: "Die Musik ist sehr vielschichtig. Sie ist instrumentalisierte Popmusik, immer mit einem Fuß in der Folklore und in der Klassik." So kann man es auch nennen.

Der "geistige Pate" des neuen Albums ist übrigens der römische Philosoph und Dramatiker Seneca. "Das Buch der gesammelten Schriften von der Seelenruhe und der Kürze des Lebens ist mir in den Schoß gefallen, es gehörte meinem Großvater."

Ist Lesen sein Hobby? "Ich lese immer nur dienstlich, suche ein Thema für meine Songs. Es ist eine reine Recherchearbeit, vergleichbar mit einer Hausarbeit", erklärt er. So finden sich in seinen Liedern nicht nur Zitate von Seneca, sondern auch Zeilen von Werner Herzog, Georg Büchner, Homer oder Peter Sloterdijk.

Kürzlich wechselte er sogar ins Filmbusiness. Er hatte zwei Lieder für den Film "Palermo Shooting" geschrieben. "Wim Wenders hatte mein Album gehört und fand es gut", sagt der Wahl-Berliner. "Zwei, drei Filme" hat er seitdem noch gemacht, unter anderem die gesamte Filmmusik für "Same Same But Different" von Detlev Buck.

Doch Musik ist nicht alles in seinem Leben. Er hat eine neue Leidenschaft entdeckt: das Kochen. Kochsendungen im Fernsehen schaut er sich aber nicht an, er probiert selbst aus, "gerne Gerichte verschiedener Nationalitäten". International eben - wie mit der Musik. Als Nächstes möchte er endlich mal versuchen, "eine Ente zuzubereiten".

Doch vorerst geht es mit Get Well Soon auf Tour. "Sechs Wochen lang im Nightliner quer durch Europa inklusive Lagerkoller", meint er lachend.

Gibt es denn irgendeinen Ort, an dem er gerne einmal spielen würde? "Ja, am liebsten in Russland", sagt er. Das Goethe-Institut, bekannt für die Unterstützung und Planung von Konzertreisen junger deutscher Bands, hatte auch schon mal angefragt, "leider für China".

Moskau fehlt also noch. Aber das ist wohl zu verschmerzen, denn jetzt geht es ja erst einmal nach Paris, Brüssel, Mailand...