Joe Satriani: „Am Ende zählt die Komposition“
Berlin (dpa) — Joe Satriani ist zurück: Der 56-Jährige veröffentlicht heute (3. Mai) sein neues Album „Unstoppable Momentum“ (Unaufhaltsamer Impuls). Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa spricht der Gitarrist über sein Leben als Künstler, seinen Förderer Mick Jagger und seinen Spitznamen.
Worin unterscheidet sich Ihr neues Album von seinen Vorgängern?
Satriani: „Ich wollte auf diesem Album die melodischsten Songs haben, die ich jemals geschrieben habe. Songs wie der Titeltrack “Unstoppable Momentum”, “Three Sheets To The Wind” oder “A Door Into Sound” unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht, sind aber sehr melodisch und haben einen sehr natürlichen Sound. Ich arbeite ohne Gesang. Da ist es schwieriger, die Stücke natürlich und organisch klingen zu lassen.“
Warum haben Sie das Album „Unstoppable Momentum“ genannt?
Satriani: „Mein Antrieb war es immer, Musik und Kunst zu erschaffen. Ich habe versucht, ein Leben als Künstler zu führen. Je mehr ich mich damit auseinandersetzte und je produktiver ich wurde, desto mehr habe ich gemerkt, dass es eine Eigendynamik entwickelte und zu einem nicht aufzuhaltenden Impuls wurde.“
Ein Künstlerleben zwingt einen aber auch, sich mit den wirtschaftlichen Aspekten der Kunst auseinanderzusetzen...
Satriani: „Wenn man nicht im Musikgeschäft ist, kann man natürlich machen, was man möchte. Aber Erfolg im Musikgeschäft schafft auch künstlerische Freiheit. Ohne Erfolg gibt es nur wenig Fremdkapital, das man für sein nächstes Projekt nutzen kann. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Musik- und die Geschäftswelt zusammenarbeiten können. Es gibt genug Literatur, die jungen Musikern entsprechende Möglichkeiten aufzeigt. Die Geschäftswelt muss nicht unbedingt Auswirkungen auf das künstlerische Schaffen haben.“
Mick Jagger gilt als Förderer Ihrer Karriere. Wie kam es dazu?
Satriani: „Zwei Monate nach der Veröffentlichung meines zweiten Albums “Surfing With the Alien” wurde ich eingeladen, Mick Jagger auf seiner Solo-Tour zu begleiten. 1988 war ich dann Gitarrist in seiner Tour-Band. Im selben Jahr wurde mein Album mehrfach mit Platin ausgezeichnet. Mick hat mir damals geholfen, mein Album zu bewerben. Er hat mir sogar die Möglichkeit gegeben, Songs von dem Album auf seinen Konzerten zu spielen. Er ist ein fantastischer Mensch und ein großartiger Rock 'n' Roll-Star.“
Sie werden gern als „Gitarrengott“, „Gitarrenheld“ oder „Übergitarrist“ bezeichnet. Können Sie sich damit identifizieren?
Satriani: „Am Ende zählt die Komposition, der Song. Ich werde jedes Mal daran erinnert, wenn ich auf Tour bekannte Songs spiele und das Publikum mitsingt. Wenn man eine Melodie hat, die mit einer einfachen Spieltechnik umzusetzen ist, dann braucht man kein Virtuose zu sein. Auf der anderen Seite gibt es Melodien, die man nur mit einer ausgereiften Technik umsetzen kann.“
Stellen Sie bei einigen Melodien fest, dass Sie diese in ähnlicher Form schon mal hatten?
Satriani: „Absolut. Das haben schon die Komponisten der klassischen Musik gemacht. Sie hatten eine Melodie und arbeiteten 15 oder 20 Variationen davon aus. Ähnlich wie bei Malern. Die sehen eine Eiche auf einem Hügel und zeichnen 20 unterschiedliche Versionen davon. Sie kehren immer wieder an den Ort zurück und malen das gleiche Objekt. Sie betrachten es aus einem anderen Winkel und suchen nach neuen Möglichkeiten der Interpretation. Musiker und Schriftsteller machen das Gleiche. Sie erzählen mehrmals die gleiche Liebesgeschichte. Dabei beschreiben sie aber immer andere Details. Und darin steckt die Kreativität.“
Wie kamen Sie zu dem Spitznamen „Satch“?
Satriani: „Ich bin in New York aufgewachsen. Alle meine Freunde hatten einen Migrationshintergrund. Ihre Familiennamen stammen aus Irland, Polen, Italien oder Japan. Satriani klang zu italienisch. Deswegen kürzten sie es zu “Satch”. Das war damals so üblich. Es war die amerikanische Art, den ethnischen Teil des Namens loszuwerden.“
Wie sehen die Zukunftspläne Ihrer Band Chickenfoot aus?
Ich habe neulich mit Sammy Hagar darüber gesprochen. Wir sind gerade beide ziemlich beschäftigt und Chad Smith ist noch mit den Red Hot Chili Peppers unterwegs. Wir versuchen uns nächstes Jahr zusammenzusetzen und ein neues Album aufzunehmen.