Joy Division: Sekundentod vor der Welttournee
Peter Hook, der ehemalige Bassist von Joy Division, erinnert sich an Ende und Anfang der legendären Band aus Manchester.
Düsseldorf. Ein solches Ende war unvermeidlich, weil es zu dieser Band gehört wie die Schrotflinte zu Kurt Cobain: Auch „Unknown Pleasures“ — das neue, jetzt veröffentlichte Buch über Joy Division — hört mit der einen Frage auf, die immer gestellt wird: Warum brachte sich Sänger Ian Curtis um? Dennoch ist es anders als andere Bücher über die legendäre Band aus Manchester.
Denn mit Peter Hook erzählt nach 33 Jahren zum ersten Mal einer der Musiker die Geschichte jener Gruppe, die kurz vorm Abheben gen Welttournee den Sekundentod starb. Auf das „Warum“ findet zwar auch der ehemalige Bassist keine Antwort. Auch er muss sich vorwerfen lassen, die Zeichen ignoriert zu haben: die epileptischen Anfälle, die Curtis’ quälten. Die von Todessehnsucht geprägten Texte, die der Frontmann für das zweite Album „Closer“ geschrieben hatte.
Er habe es nicht gemerkt, schreibt Hook, weil Curtis einfach immer weiter den Rockstar gegeben habe. „Ich werde es niemals wissen.“ Stattdessen aber gelingt Hook das, was noch nicht einmal Curtis’ Witwe Deborah vor 13 Jahren in ihren tief düsteren Memoiren „Aus der Ferne“ gelang: Hook zeigt die geerdete Seite dieser vom Tragik-Stigma befallenen Band. Er zeigt Curtis nicht nur als trauriges Genie. Er zeigt ihn als „lad“ — als Kumpel, der gern einen über den Durst trank. Der die Sex Pistols liebte, der spuckende Zuschauer vermöbelte und der mit seiner Band lange verbissen, aber planlos gegen den eigenen Dilettantismus kämpfte.
Es mag hart klingen, wenn Hook erzählt, wie er nur wenige Tage nach Curtis’ Beerdigung die Nachfolgeband New Order gründete, weil Joy Division zwar tot waren, er — der Lebende — aber weiter Musik machen wollte. Und es irritiert, dass er erst Jahre nach dessen Tod, beim Besuch des alten Proberaums, erstmals um den Freund weinte.