Komposition aus lauter Lachern

Komponisten wie David Graham bringen neue Musik in die Schulen.

Düsseldorf. Das Lachen bricht wie eine riesige Welle herein. Die Stimmen stürzen übereinander und verstummen plötzlich wieder. Es herrscht atemlose Stille. Langsam setzt sich ein Beat in Bewegung, Kickser, die an den Klang eines Schlagzeug-Hi-Hats erinnern, schichten sich darüber, und dann explodieren wie die Zylinder eines Motors nacheinander die Kehlköpfe von 17 Schülern in einem röhrenden Lachstakkato.

Der Musik-Grundkurs der Jahrgangsstufe 12 am Comenius-Gymnasium hat ein Stück komponiert, das ausschließlich aus Lachen besteht — allen Arten von Lachen, ob bösartig oder Woody- Woodpecker-Gemecker. Nun wollen die Schüler von dem Komponisten David P. Graham wissen, was er davon hält.

Das Düsseldorfer Gymnasium nimmt an dem Musik-Projekt „Haste Töne? — so klingt Schule!“ des NRW-Kultursekretariats teil. Es ist ein Projekt, das den Schülern Musik abseits der bekannten Rock-Pop-Pfade nahe bringen soll, sagt Projektleiter Markus Stollenwerk. Es geht um zeitgenössische Kunstmusik.

Um die Schüler aus einer passiven Rezeptionshaltung herauszuholen, lässt man sie selbst komponieren. „Das ist gar nicht so schwer, wie man denkt“ sagt Annesophie (17). Sie hat den liegenden Rhythmus vorgeschlagen, aus dem sich der pulsierende Beat entwickelte.

Zunächst wurden als Hausaufgabe verschiedene Formen des Lachens erarbeitet, sagt ihr Mitschüler Peter. Dann kamen Melodie und Rhythmus, bis allmählich mit Hilfe ihres Lehrers Hilmar Fries das zweiminütige Musikstück Gestalt annahm.

Mit neuer Musik, sagen Annesophie und Peter, habe eigentlich niemand in der Klasse zu tun, trotzdem macht ihnen das gemeinsame Erarbeiten Spaß. Auch als Komponist David P. Graham, der als Mentor fungiert, nach einem großen Lob mit dem kritischen Besen durch das Stück kehrt.

Er hält den gleichbleibenden Rhythmus für zu populistisch, wünscht sich die Klangfarben des Lachens noch schärfer und könnte sich eine Klarinette oder Posaune dazu vorstellen.

Graham, der bei Hans Werner Henze studiert und vom Musiktheater über Filmmusik bis zum Hörspiel vieles komponierte, ist ein alter Hase in Sachen Musikpädagogik. „Je jünger die Kinder sind, desto einfacher ist es“, sagt der 60-Jährige. Später könnten sich die Jugendlichen nur schwer von Pop-Musik-Einflüssen lösen.

Dennoch äußert er sich positiv über die Lachkomposition. Er empfiehlt den Schülern, ihre Komposition als Partitur zu notieren. Das hat einen praktischen Grund. Alle entstandenen Werke werden im Juni in Dortmund uraufgeführt, an den Pulten sitzt das Landesjugend-Ensemble Studio musikFabrik — ohne Noten geht da nichts.

Ihre Lachnummer werden die Comenius-Schüler wahrscheinlich selbst vorstellen. „Wir werden alles gewinnen“, ruft Denis siegessicher. Neue Musik hin oder her, so ganz verdaut haben die Düsseldorfer den Eurovision Song Contest wohl noch nicht.