Niedeckens großer Traum

Wolfgang Niedecken spricht über seinen Wunsch einmal in Israel zu spielen und über das neue Bap-Album „Radio Pandora“.

Herr Niedecken, der Albumtitel spielt auf die "Büchse der Pandora" und ihren unheilvollen Inhalt an. Was macht Ihnen die größten Sorgen beim Blick in die Zukunft?
Wolfgang Niedecken:
Vor vier Jahren war ich das erste Mal im Norden Ugandas, wo Kinder gezwungen werden, als Soldaten auch ihre eigenen Familien zu erschlagen. Etwas Schlimmeres habe ich noch nie erlebt. Wenn man mit diesen Kindern zu tun hat, erfährt man, wie schwer es für sie ist, ins normale Leben zurückzukehren. Da rücken andere Probleme schnell nach hinten, auch wenn es mir nicht egal ist, dass die Pole schmelzen oder die Armut bei uns zunimmt. Aber man kann etwas tun: Im September weihen wir in Uganda eine kleine Berufsschule ein, wo die Kinder ihre Rückkehr in die Gesellschaft vorbereiten können.

Woher nehmen Sie den Optimismus, dass sich dort etwas verändern wird?
Niedecken:
Es gibt die Hoffnung, dass alte Despoten dazu gebracht werden, loszulassen und dass so eine junge Generation von sehr engagierten und intelligenten Menschen an die Macht kommt. Die Hoffnung gibt es, auch wenn wir hier in der Regel immer nur von dem erfahren, was schief geht.

Woraus ziehen Sie Hoffnung?
Niedecken:
Aus meinem familiären Umfeld und aus meinem Bekanntenkreis - Menschen, für die es sich lohnt zu leben.

Ihr neues Album erscheint in den Versionen "Unplugged" und "Plugged". Spiegelt dies das Spannungsfeld zwischen dem Frontmann Wolfgang Niedecken und dem Kollektiv Band wieder?
Niedecken:
Ein Beispiel dafür, dass ich nie geplant hatte, mich von der Band zu lösen, sind meine Soloalben. Alle haben Bap genützt. Ich hatte nie vor, mich vom Acker zu machen. Die Soloprojekte haben nur meinem Selbstbewusstsein genützt und somit auch der Band. Wenn vorne ein Frontmann steht, der kein Selbstbewusstsein hat, kann er die Band nicht mehr rüberbringen.

Warum veröffentlichen Sie zwei Alben gleichzeitig?
Niedecken:
Wir haben seit 2004 nur das "Dreimal Zehn Jahre"-Album herausgebracht, da waren zwei neue Songs und eine Coverversion dabei. Wir hatten so vier Jahre lang Zeit, um Stoff für Lieder zu sammeln. Da hat man irgendwann zu viele Songs und muss entscheiden, was damit passiert. In dieser Phase kam die Idee der Plattenfirma, zwei Versionen zu veröffentlichen. Die Alben sind zu zwei Dritteln identisch, haben aber auch Songs, die zu der jeweiligen Version besser passen. Zuerst kam die "Plugged"-Version dran mit den arrangierten Stücken. Danach waren die Komponisten und Arrangeure zufrieden, und wir konnten uns als Band im Studio noch einmal treffen, um ganz entspannt die "Unplugged"-Version einzuspielen. Das war die Kür.

Wie wird das Konzept auf der Tour umgesetzt?
Niedecken:
Wir wollen das Programm nicht zweiteilen. In den großen Hallen werden die Leute bei einem längeren Block mit ruhigen Stücken unruhig. Die können wir eher vereinzelt einstreuen. Aber eine Unplugged-Tour in Opern oder Theatern im Anschluss ist durchaus möglich.

Was sind die wesentlichen Veränderungen auf der neuen CD?
Niedecken:
Das ist ein organischer Prozess. Wir haben da angesetzt, wo wir mit dem "Sonx"-Album aufhört haben. Da ist zum Beispiel die Erkenntnis, dass weniger mehr sein kann und dass klare Arrangements wichtig sind. Es soll nichts mit irgendwelchen Hilfsmitteln wie Streicher oder Echos zugeschüttet werden.

Was haben Sie noch für Wünsche und Träume?
Niedecken:
Es macht mir großen Spaß, in Länder zu gehen, wo man als Musiker noch unbekannt ist, und dort für die Menschen Musik zu machen. Eventuell werden wir im November in Nigeria spielen und den Bundespräsidenten bei seiner Reise begleiten. Da passen gerade die "Unplugged"-Songs sehr gut. Wir planen außerdem auch, vor Ort mit afrikanischen Musikern zusammenzuspielen. Auf lange Sicht träume ich davon, in Israel vor einem gemischten Publikum aus Israelis und Palästinensern zu spielen. Es sieht momentan aber nicht so aus, als ob das Projekt wirklich umsetzbar wäre.