Rockmusik: Mit Retrorock auf Brautschau

Sein neues Album „It is Time for a Love Revolution“ hat Lenny Kravitz wieder im Alleingang eingespielt.

Düsseldorf. Wer als Womanizer gilt, hat Klischees zu erfüllen. Dieses gehört nicht dazu: Seit drei Jahren, bekennt der muskelbepackte Charmeur und Musiker Lenny Kravitz, lebe er im Zölibat - immer auf der Suche nach der Richtigen. Und er will die Hoffnung darauf nicht aufgeben. "It is Time for a Love Revolution" heißt sein neues Album, das er wieder im Alleingang eingspielt hat: Mit feinem Retrorock geht er auf Brautschau.

Die CD als Bewerbungsmappe für ein einsames Herz

"Love Revolution", Kravitz’ achtes Studioalbum, ist ein Schwergewicht - voller Hymnen, krachender Pracht und pathetischer Stille. Und es sollte - wäre es nach Kravitz gegangen - noch üppiger ausfallen: 27 Songs auf zwei Alben. Doch da, lässt er in Interviews durchblicken, habe seine Plattenfirma nicht mitgespielt. "Es ist ja auch nicht so, dass der CD-Markt zurzeit boomt", weiß. Und so sind es 14 Songs geworden, mit denen der Multiinstrumentalist die Welt verändern, verbessern will. "Dafür wird die Pause zum nächsten Album nicht so groß", hat er einem deutschen Radiosender versprochen. In der Tat: Seit dem Erfolg "Baptism" sind schon vier Jahre vergangenen. Ein Auftritt bei den Gore-Konzerten im Kampf gegen die Klimaerwärmung im vergangenen Jahr - das war ein sparsames musikalisches Lebenszeichen. "Ich hatte so gut wie alles gesehen und ausprobiert", sagt Kravitz. Und nach "Baptism" habe er das Gefühl gehabt, "dass ich die meisten meiner musikalischen Träume verwirklicht hatte. Nach der Platte und der folgenden Tour kam es mir also wirklich so vor, als ob etwas zu Ende gegangen wäre." Ein Gefühl, das erst mit der Arbeit an neuen Songs überwunden gewesen sei. Kravitz: "Ich fühlte mich einfach frei. Energie und Spannung verselbstständigten sich." Und so beschreibt er "Love Revolution" auch mit seinem Debüt im Jahr 1989. Damals habe er keinen Druck verspürt, eine bestimmte Version meiner selbst abzuliefern. Genau wie jetzt - wie am Beginn eines neuen Kapitels", so der 43-Jährige. Hatte er schon 1989 mit "Let Love Rule" auf die Kraft der Liebe gesetzt, wird sie für Kravitz auf dem gestern erschienenen Album noch größer, beinah schon allmächtig. So geht es im Titelsong nicht um eine Liebesgeschichte, sondern um den allgemeinen politischen Stillstand, dem sich Kravitz widersetzen will. Was das für ihn heißt, wird zum Beispiel mit einer der druckvollsten Nummern des Albums klar: "Back in Vietnam" ist eine kämpferische Absage an den Irak-Krieg. Gegen die Umweltzerstörung wettert er ihn If you want it" und fordert auf "Wenn du willst, kannst du deine Welt heute ändern". Sehr intim ist "A long and sad Goodbye", eine Auseinandersetzung mit dem Tod seines Vaters. Ansonsten dreht sich bei Lenny Kravitz alles um die Liebe: die, die er sucht; die, die alles ersetzen kann - die CD als Bewerbungsmappe für ein einsames Herz.

Immer wieder haut Kravitz dreckige Riffs in getragene Melodien

Musikalisch gibt Kravitz auf dem Album wieder das Raubein an der Gitarre: Immer wieder haut er dreckige Riffs auch in eher getragene Melodien - weniger ist da manchmal mehr. Das ändert aber nichts daran, dass er nach seiner Pause frisch und energievoll klingt. Staubiger Garagenrock mit schmutzigem Funk und der nötigen Prise Pop machen "It is Time for a Love Revolution" zu einem außerordentlichen zeitgenössischen Rockalbum - abwechselungsreich und mit hohem Spaßfaktor. Höhepunkte sind der laszive Soul-Disco-Sampfer "Dancin’ til Dawn" und das sexy jazzig-rockende "Will you marry me". Aber auch die Kuschelfraktion kommt nicht zu kurz. Mit der ersten Single "I’ll be waiting", die sich vom zarten Piano-Song zum Bombast-Schmachtfetzen emporschwingt, oder "A new Door" - Klavier, Bass und Streicher - schaffen es sicher in die Schlafzimmer der Liebenden. Und da will Lenny ja auch wieder hin.

Lebensweg

Familie Als Leonhard Albert Kravitz wurde der Musiker 1964 in Brooklyn geboren - der Sohn eines russisch-jüdischen TV-Produzenten und einer bahamesischen Schauspielerin. Er war sechs Jahre mit der Schaus pieler Lisa Bonet verheiratet, mit der er eine Tochter hat. Zu seinen zeitweiligen Lebenspartnerinnen gehört unter anderem Sängerin Vanessa Paradis, die heute mit Johnny Depp liiert ist.

Karriere 1989 ist sein Debüt-Album "Let Love rule" erschienen. "It is Time for a Love Revolution" (Emi/Virgin Music) ist das achte Studio-Album. Der Vollblutmusiker hat zudem mit Größen wie Aerosmith, Mick Jagger und Madonna zusammengearbeitet.