Schöne Hippie-Träume mit Dawes und Moondoggies
Berlin (dpa) - Dass junge Musiker auf der Suche nach Inspiration die Plattensammlungen ihrer Eltern durchforsten, ist längst gang und gäbe. Bei den US-Bands Dawes und Moondoggies hört man sehr schnell, wohin sowas führt.
Nämlich zu einer hörenswerten Wiederbelebung des Westcoast-Rocks und verkifften Softpops der 70er Jahre, bei der großen Vorbildern wie Jackson Browne, Crosby Stills & Nash oder Fleetwood Mac gehuldigt wird. Für DAWES, die Band aus Los Angeles um Frontmann Taylor Goldsmith, geht dies soweit, dass das Idol gleich auf den Platten mitsingt. Schon bei ihrem Durchbruch-Album „Nothing Is Wrong“ (2011) tauchte der große Singer/Songwriter Jackson Browne im Background auf. Und auch im Booklet der jetzt erschienenen dritten Studioplatte „Stories Don't End“ (Universal) haben die Dawes-Jungs Gelegenheit, ihm für einen Gastauftritt zu danken.
Interessanterweise klingt auch noch Goldsmiths sanfte Stimme dermaßen nach dem Jackson Browne von „Late For The Sky“ (1974) oder „Running On Empty“ (1977, dass man schon ziemlich genau hinhören muss. Die Dawes-Ballade „Something In Common“, der prachtvolle Titelsong oder „Just Beneath The Surface“ sind Wohlklang-Attacken wie aus einer fernen Zeit, als die Beschwörung des kalifornischen Hippie-Traums noch nicht schal klang. Es ist wohl auch kein Zufall, dass im Umfeld der jungen L.A.-Band Wilco-Multiinstrumentalist Pat Sansone mitmischt, der mit seinem Nebenprojekt The Autumn Defense einen ähnlich historisierenden Ansatz verfolgt.
Insgesamt sollte man „Stories Don't End“ also lieber nicht mit dem Anspruch auf Originalität oder zeitgemäße Sounds hören. Sondern als handwerklich perfekte, liebevolle Rekonstruktion von Folkrock und Countrypop der legendären Laurel-Canyon-Ära, als sich vor rund 40 Jahren großartige Musiker in die Idylle des Sonnenstaates an der US-Westküste zurückzogen, um dem hektischen Alltag zu entfliehen und auch dem Hörer mit ihren Songs kleine Fluchten zu ermöglichen. Wie schon mit den Vorgänger-Platten erinnern Dawes dabei so stilvoll und kenntnisreich an diese Zeit, dass Fremdschämen nie in Frage kommt.
Während bei Dawes die E-Gitarre nur sporadisch losbratzen darf, ist sie bei den MOONDOGGIES aus dem nordwestlichen US-Staat Washington auf ihrer neuen Platte „Adiós I'm A Ghost“ (Hardly Art/Cargo) allgegenwärtig. Das 2005 gegründete Quintett um Sänger und Gitarrist Kevin Murphy zelebriert auf Album Nummer 3 ebenfalls einen nur leicht modernisierten Westcoast-Sound, allerdings mit mehr psychedelischen Untertönen, was sich unter anderem in einem verstärkten Einsatz der Orgel ausdrückt.
Von so unterschiedlichen Genres wie Punk oder Bluegrass kamen die Mondhündchen zu ihrem sehr geschmackssicheren Sound. Als Vorbilder werden Pink Floyd und Neil Youngs Krach-Combo Crazy Horse genannt, aber auch modernere Einflüsse wie Blonde Redhead oder Nirvana. Letztendlich sind es jedoch die zuckersüßen Harmony-Vocals und sonnig-reifen Melodien, die die zwölf Moondoggies-Songs von „Adiós...“ deutlich über den Durchschnitt der zahlreichen Retro-Bands aus Kanada und den USA heben. Wie Dawes machen es diese Jungs von der Westküste dem Hörer sehr leicht, ganz ohne schlechtes Gewissen in eine andere Rock-Ära abzutauchen.