Stummfilm: Der letzte Kino-Pianist ist tot.

Die Klavierbegleiter zur einst tonlosen Filmkunst waren seit jeher gefragt. Der letzte Pianist, Willy Sommerfeld, ist nun 103 jährig gestorben.

Berlin. Er spielte für Greta Garbo und Charlie Chaplin auf der Leinwand: Der Berliner Stummfilm-Pianist Willy Sommerfeld ist im Alter von 103 Jahren gestorben. Sommerfeld galt als der dienstälteste Stummfilm-Pianist weltweit und war Zeitzeuge der Anfänge des Kinos, als es Dialoge der Schauspieler nicht gab. Noch mit über 100 Jahren spielte er, die Musik hielt ihn jung.

Als Willy Sommerfeld am 11. Mai 1904 in Danzig geboren wurde, steckte der Film noch in den Kinderschuhen. Im Brockhaus-Lexikon seines Vaters war unter dem Stichwort "Kino" nur zu lesen: "Eine in Form von kleinen, schwarzrotbraunen Stücken in den Handel gelangende Droge aus Westindien." 17 Jahre später verfiel Sommerfeld der Stummfilmdroge mit Klavierbegleitung, als er damit in Berliner Kinos sein Musikstudium finanzierte.

Kurz bevor der Tonfilm eine neue Epoche einläutete, wechselte Sommerfeld als Kapellmeister nach Braunschweig. 1933 weigerte er sich, nach einer Vorstellung den Hitlergruß zu zeigen und wurde entlassen. Später war er als Komponist, Arrangeur und Chorleiter erfolgreich, auch für den Rundfunk.

Das Berliner Kino Arsenal verschaffte dem pensionierten Kapellmeister 1972 ein Comeback, als er wieder einmal einen Stummfilm begleiten sollte. Danach gab es für Sommerfeld, der eigentlich schon seit 1968 Rentner war, immer wieder neue Aufträge, von "Berlin - Sinfonie einer Großstadt" von Walter Ruttmann bis hin zu Gala-Filmvorführungen mit Live-Musik.

1995 wurde er mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet. Die Internationalen Filmfestspiele Berlin ehrten den großen alten Mann der Stummfilm-Musik 2004 mit einer Berlinale-Kamera. 2006 erhielt er das Bundesverdienstkreuz für sein Lebenswerk.

Sommerfeld sei einzigartig gewesen, "voller Humor und voller Esprit", erinnert sich Milena Gregor vom Vorstand der Freunde der Deutschen Kinemathek. Noch steht nicht fest, wie der Musiker, der bereits am 19. Dezember starb, vom Filmhaus am Potsdamer Platz gewürdigt wird. Eine Dokumentation über den Meister am Klavier lief bereits 2006 im Kino: "The Sounds of Silents - Der Stummfilmpianist" von Ilona Ziok.