Virtuelle Lehrer für Hobbymusiker auf der Frankfurter Musikmesse
Frankfurt/Ilmenau/Berlin (dpa) - Neue Musik-Lernspiele wie „Songs2see“ oder „WildChords“ können keinen Lehrer ersetzen. Aber sie können Schüler motivieren. Experten halten sie für sinnvoll - wenn echte Instrumente im Spiel sind.
Virtuelle Musiklehrer aus dem Internet sollen Hobbymusikern Lust machen, ihr Instrument mal wieder aus dem Keller zu holen. „Songs2see“ heißt eine der neuesten Entwicklungen, die ab Mittwoch (21. März) auf der Frankfurter Musikmesse präsentiert wird. Die Fraunhofer-Entwicklung aus Thüringen wandelt das Lieblingslied in Noten samt Spielanleitung um und überwacht, dass der Schüler den Song korrekt nachspielt.
Der Branchenverband SOMM (Society Of Music Merchants), der die Hersteller von Musikinstrumenten und -zubehör vertritt, findet solche Angebote gut. Positiv bewerten die Experten vor allem Lernprogramme, bei denen Nutzer mit echten Instrumenten spielen. „Natürlich kann eine App keinen Lehrer ersetzen“, sagt SOMM-Sprecher Michael Frohoff. „Aber sie kann das Lernen beschleunigen. Sie kann jungen Menschen zeigen, dass ein Instrument Spaß machen kann. Und sie kann Älteren den Wiedereinstieg erleichtern.“
Genau diese Zielgruppe will die SOMM auf der Musikmesse verstärkt ins Visier nehmen: Nicht nur Kinder, sondern auch nicht mehr ganz so junge Menschen, die einen Job haben. Die Plattensammlung verstaubt im Keller, die Garagenband aus Jugendtagen ist Geschichte. Diese Menschen könne man „auf eine coole Web-2.0-Art“ vielleicht dazu bringen, wieder mal die Gitarre in die Hand zu nehmen, sagt Frohoff.
Zum Beispiel mit „WildChords“, einem in Finnland entwickelten Musikspiel. Dazu braucht man ein iPad, eine (kostenlose) App und eine echte Gitarre. Mit Tönen und Akkorden werden - angelehnt an die Geschichte vom Rattenfänger von Hameln - geflohene Zootiere einfangen und aus der Stadt geführt. Dabei „hören“ die Tiere nur auf bestimmte Töne, die Affen auf a, die Krokodile auf c. Je besser man spielt, desto mehr Tiere fängt man ein. Das Spiel wurde mehrfach ausgezeichnet und bereits im ersten Monat 100 000 Mal heruntergeladen, wie die finnische Firma Ovelin berichtet.
„Songs2see“ wurde am Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie im thüringischen Ilmenau entwickelt. Nötig sind ein Rechner, ein Mikrofon und eine spezielle Software. Der Download kostet je nach Umfang des Pakets zwischen 20 und 50 Euro. Bisher funktioniert das Spiel für Gitarre, Bass, Klavier, Saxofon, Flöte und Trompete. Weitere Instrumente sollen folgen, wie Projektleiter Christian Dittmar erklärt. Der Vorteil: „Man hat schnell erste Erfolge und wird dadurch motiviert, sich richtig reinzuknien.“
Dass die pädagogische Kompetenz eines Computerprogramms beschränkt ist, wissen die Entwickler solcher Programme. Der Rechner erkenne nur, „ob man zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Töne drückt“, räumt Dittmar ein. Natürlich gehöre viel mehr dazu, ein Instrument zu beherrschen. „Aber "Songs2see" motiviert, schult das musikalische Wissen und die motorischen Fähigkeiten.“ Immerhin: Das ist mehr als Spiele wie „Guitar Hero“ leisten, bei dem Songs mit farbigen Plastikknöpfen auf einem gitarrenförmigen Controller nachgespielt werden.
Die Musikmesse wird an diesem Dienstagabend (20. März) mit einer Gala eröffnet, auf der der Frankfurter Musikpreis und der Live Entertainment Award verliehen werden. Bis Freitag ist sie Fachbesuchern vorbehalten und am Samstag (24. März) auch für Laien geöffnet. Parallel läuft eine Messe für Licht- und Tontechnik. „Die beiden Leitmessen zeigen das größte Messe-Angebot an Produkten und Marken sowie an Live-Auftritten von Künstlern aller Musikgenres“, hieß es von der Messegesellschaft im Vorfeld.