Zwei uneinige Klangwelten

Ein Konzert, zwei Interpretationen aus verschiedenen Blickwinkeln: Die Phoneheads und die Düsseldorfer Symphoniker.

Düsseldorf. Grenzen überschreiten kann zuweilen ein so berauschendes Gefühl sein, dass es nach einer Wiederholung schreit. So erging es auch den Phoneheads, die nach ihrem gemeinsamen Konzert mit den Düsseldorfer Symphonikern im vergangenen Jahr am Dienstag erneut in der Tonhalle standen, um aus dem U ihrer Drum’n’Bass-Musik und dem E der Klassik ein Ü der Überraschungen zu zaubern. Dass es dabei um keine bloße Repetition gehen solle, betonte Tonhallen-Intendant Michael Becker eingangs und versprach eine eigens für diesen Abend komponierte Sinfonie.

Zwar halten sich Philipp Maiburg und Michael Scheibenreiter sehr zurück, scheinen aus ihren gediegenen Soundtüfteleien nicht waghalsig ausbrechen zu wollen, um das Wagnis der Annäherung nicht zu gefährden. Dabei riskieren sie leider eine gewisse Monotonie, doch entfalten Stücke wie "Second Sight" oder "Subject Beautiful" eine ganz neue Intensität. Ärgerlich ist hier nur der Londoner Sänger Cleveland Watkiss, der seinen Part äußerst lustlos ins Mikro gibt.

Was die Einlassung der Symphoniker und der Phoneheads jedoch auszeichnet, ist der Spaß und die Spielfreude der Beteiligten. Mögen die Düsys auch spielerisch unterfordert sein, wenn Maiburg und Scheibenreiter Bassfrequenzen und Breakbeats durch den rappelvollen Saal schicken, nicken selbst gestandene Hornisten mit Vollbart im Takt. Für die Tanzfläche bietet dies eine enorme Bereicherung. Für den Konzertsaal könnte es noch mehr Überraschungen geben. Das eher tanzflächenerprobte Publikum jedenfalls zeigt sich begeistert.

So kann und soll es immer weiter laufen: Sphärenklänge der Streicher, elektronisch verstärkte Bassakzente. Der rhythmische Aktionismus erinnert an Nervenkitzel-Musik zu US-amerikanischen TV-Thrillern. Die Rolle, die das Orchester dabei spielt, ist ähnlich wie die bei Filmsoundtracks: für akustische Weichzeichnung und Farbtupfer zu sorgen. Von klangästhetischer Eigenständigkeit sind die Symphoniker nun weit entfernt.

Das vorige Crossover von Orchester und Band im vergangenen Jahr klang sehr ähnlich, was weniger verblüfft als eher etwas langweilt. Die musikalischen Strickmuster sind ziemlich gleich: Es beginnt verhalten und steigert sich dann dynamisch und temporeich. Was dabei aber nicht mit wächst, ist die musikalische Spannung, da man ja kaum mit Überraschungen zu rechnen hat.

Das fast ausschließlich junge Publikum goutiert alles mit Jubelbeifall. Auch den Sänger Cleveland Watkiss bedenken die Besucher mit gutgelaunter Zustimmung. Solch ungeteilt wirkende Begeisterung für einen Sänger ohne erkennbare künstlerische und vokale Persönlichkeit erstaunt den Besucher klassischer Konzerte, erwartet er doch so etwas wie Ausdruck und Emotion. Beides fehlt in der sängerischen Darbietung, die eher etwas von vokalem Hintergrundraunen besitzt als von einer solistischen Performance.

Heike Beckmann arrangierte manches Stück der Phoneheads für eine Aufführung mit Orchesterbeteiligung. Doch steuerte sie auch eine eigene Symphonie für die gleiche Besetzung bei, klassisch vierteilig mit Kopfsatz, Scherzo, Adagio und Finale. Zunächst klingt das Werk gemäßigt modern, im Adagio ganz und gar romantisch, und beim Final-Presto nähert sie sich der motorischen Gangart der Phoneheads an. Ein netter Abend - ohne Höhen, ohne Tiefen.