Raumkünstler Gregor Schneider baut Synagoge zu Einfamilienhaus um

Pulheim (dpa) - Der für seine verstörenden Rauminstallationen bekannte Künstler Gregor Schneider hat in einem neuen Projekt eine ehemalige Synagoge zu einem eintönigen typisch deutschen Familienhaus „umgebaut“.

Eine Frau geht an der hinter einer zitronengelben Rauhputzfassade versteckten Synagoge Stommeln in Pulheim vorbei.

Foto: Federico Gambarini

Für das internationale Kunstprojekt „Synagoge Stommeln“ in Pulheim bei Köln ließ Schneider das frühere Gotteshaus hinter einen zitronengelben Rauhputzfassade mit Fenstern, weißem Garagentor, Hautür und Briefkasten „verschwinden“.

Die Tür zur Synagoge bleibt während der Dauer des Projekts bis 26. Oktober verschlossen.

Foto: Federico Gambarini

Gleichzeitig gab Schneider der Synagoge, die keine offizielle Postanschrift hat, mit dem Projekttitel „Hauptstraße 85 a“ erstmals eine eigenständige Adresse. Die Tür zur Synagoge bleibt aber während der Dauer des Projekts bis 26. Oktober verschlossen. Das Kunstprojekt hat eine besondere Bedeutung vor dem Hintergrund, dass das Gotteshaus im Pulheimer Stadtteil Stommeln eine der wenigen Synagogen in Deutschland ist, die während der Nazi-Pogrome 1938 nicht zerstört wurde.

Schneider hat sein Namensschild am Briefkasten der Synagoge angebracht.

Foto: Federico Gambarini
Diskussionsstoff: Die Kunstprojekte von Gregor Schneider
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Metaphorisch könnte die Verhüllung durch eine Hausfassade auch für das Verdrängen des Holocausts und des Nazi-Regimes in vielen deutschen Haushalten stehen. Seit 1990 werden international bekannte Künstler zu Projekten in Stommeln eingeladen, sich mit der Geschichte und Architektur der Synagoge auseinanderzusetzen. Dazu gehören Richard Serra, Eduardo Chillida oder Rosemarie Trockel. Für weltweites Aufsehen hatte 2006 Santiago Sierra gesorgt, der Autoabgase in das ehemalige jüdische Gotteshaus leitete.

Schneider gab der Synagoge, die keine offizielle Postanschrift hat, mit dem Projekttitel „Hauptstraße 85 a“ erstmals eine eigenständige Adresse.

Foto: Federico Gambarini

Der 45-jährige Schneider, der Professor an der Kunstakademie in München ist, wurde bekannt durch seine oft labyrinthartigen Ein- und Umbauten in Galerien und Museen. Er schafft so dreidimensionale begehbare Skulpturen, hinter denen die realen Räume verschwinden. 2001 gewann Schneider den Goldenen Löwen der Biennale in Venedig. Er errichtete ein „Totes Haus u r“ im Deutschen Pavillon, das er in Einzelteilen per Schiff aus dem Rheinland nach Venedig transportieren ließ.