Konzert Twenty One Pilots treffen in Köln den Nerv der Zeit
Köln · Das Duo aus den Staaten machte auf der „Bandito-Tour“ Halt in der Lanxess-Arena. Dabei bewiesen der Drummer und der Sänger, dass sie ihren Horizont noch lange nicht erreicht haben.
Josh Dun und Tyler Joseph explodieren vor Energie. Das zeigten die beiden besser als Twenty One Pilots bekannten Musiker am Montagabend in der ausverkauften Lanxess-Arena. Fünf Jahre nach ihrem ersten Auftritt in Köln kehrten sie auf ihrer „Bandito-Tour“ zurück in die Domstadt, um ihren Musikstil, den sogenannten Schizoid Pop, zu feiern – mit einem Feuerwerk an Lichteffekten, düsteren Videosequenzen und vor allem ihren starken Persönlichkeiten.
Ein Blick auf den Februar 2014 lohnt sich, um zu sehen, welche Entwicklung die Twenty One Pilots genommen haben. Damals spielte das Duo eines seiner ersten Deutschlandkonzerte – ebenfalls vor ausverkauftem Haus, aber „nur“ vor knapp 500 Personen im Kölner Gebäude 9. Die Jungs aus Columbus hatten gerade ihr erstes Album „Vessel“ bei einem Majorlabel veröffentlicht und mit dem Lied „Car Radio“ erstmals aufhorchen lassen. Mehr als ein Geheimtipp waren Dun und Joseph aber nicht. Doch das änderte sich schnell. Bereits 2015 gelang den Musikern mit dem zweiten Album „Blurryface“ der internationale Durchbruch. Die ersten Singles „Fairly Local“ und „Stressed Out“ liefen im Radio rauf und runter, durften deshalb auch am Montagabend nicht auf der Setlist fehlen.
Es dauerte drei weitere Jahre, bis erneut neue Musik kommen sollte. 2018 erschien das von den Fans langersehnte Album „Trench“, auf dem die Twenty One Pilots mit neuen Klängen experimentierten, sich an poppigem Reggae versuchten. Und während die Twenty One Pilots selbst älter werden und ihren Musikstil ausreifen lassen, bleiben die Fans jung. Oder zumindest ein Teil von ihnen. Ein Blick in die voll besetzte Lanxess-Arena offenbart jedenfalls ein nicht nur vom Alter bunt gemischtes Publikum, das den Energiebündeln Josh Dun und Tyler Joseph frenetisch zujubelt.
Bei den Twenty One Pilots lohnt sich ein Blick auf die Details
Verdientermaßen, denn die Twenty One Pilots liefern eine Bühnenshow der Extraklasse: Viel Tempo, viel Symbolik und den Nerv der Zeit treffend. Wenn nach gut einer Stunde das Konzert für ein „Quiet-Game“ unterbrochen wird, um zu messen wie lange das Publikum in der Arena still sein kann (2,21 Sekunden), dürfte sich die Generation Instagram geehrt fühlen. Ihr wird das Ergebnis quasi live übermittelt. Gezeigt wird so aber nur ein Bruchteil der Show, bei der es sich lohnt auf Details zu achten.
Auf die Maskeraden etwa, die Josh Dun und Tyler Joseph zelebrieren. Mit denen sie selbst erschaffene Figuren präsentieren – als Mittel um Depression und Versagensängste zu verarbeiten. Auf den Farbcode der Band, der sich im Laufe der Jahre von einem kräftigen Rot zu einem Kanariengelb entwickelt hat. Oder auf die kleinen Tricks, die Sänger Tyler Joseph scheinbar innerhalb einer Sekunde den Ort wechseln lassen. Eben noch rücklings in den Bühnengraben gefallen, steht er nicht einmal zwei Töne später zwischen den Sitzreihen auf dem Unterrang. Ein kurzer Moment der Verwunderung, der sich bei den meisten schnell in Bewunderung wandelt. Ein brennendes Autowrack, Stagediving oder Crowdsurfing samt Schlagzeug tragen ihren Teil dazu bei. Die Twenty One Pilots zeigen, dass sie ihren Fans noch immer nah sind, auch wenn die Hallen inzwischen größer geworden.
Und manchmal spiegelt sich das auch in den Stücken des Duos. Etwa dann, wenn es ruhigere Lieder sind, bei denen Tyler Joseph beweisen kann, was für eine starke und außergewöhnliche Stimme er eigentlich hat („Leave the City“). Viel zu oft wird diese mit elektrischen Effekten überladen, was das gesamte Konzerterlebnis aber nicht schmälert. Dafür sind die Twenty One Pilots zu energiegeladen, reißen viel zu sehr mit. Beispiel gefällig? Ein Klavier dient bei den Jungs aus Columbus nicht nur als Instrument, sondern auch als Turngerät. Wenn Josh Dun einmal nicht voller Dynamik auf sein Drumset drischt, springt er gerne auf das Tasteninstrument und mit einem Salto wieder runter. Wer jetzt denkt, dass das alles Teil einer großen Inszenierung ist, hat nur bedingt Recht. Die Jungs bleiben sich nur selbst treu. Dinge wie diese waren auch vor fünf Jahren schon Teil der Show und begeistern damals wie heute. Eines steht jedenfalls fest: Ihren Horizont haben die Twenty One Pilots sicher noch nicht erreicht.