Meinung Atom-Milliardenpoker - Notfalls muss ein Gesetz her

Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Oder: Es ist besser für den Staat — den Steuerzahler! — jetzt 23 Milliarden Euro für die Zwischen- und Endlagerung von Atommüll von den Stromkonzernen auf ein sicheres Konto überwiesen zu bekommen als am Ende auf viel höheren Kosten allein sitzen zu bleiben.

Ein Kommentar von Peter Kurz.

Doch selbst diesen Spatz in der Hand verweigern die Stromriesen dem Staat. Das übersteige ihre Leistungsfähigkeit, sagen sie. Und: Zwischen- und Endlagerung seien operative Aufgabe des Staates, der hierfür die politische Verantwortung trage.

Dass die Stromkonzerne um jeden Euro kämpfen, ist wirtschaftlich verständlich. Schließlich sind sie infolge der Energiewende in eine gewaltige Schieflage geraten. Allerdings muss schon verwundern, dass zwar nicht RWE, wohl aber Eon trotz des Milliardenminus in der Bilanz noch so viel Geld übrig hat, eine Dividende an die Aktionäre auszuschütten. Dieses Geld ist schon mal verloren für eine Bewältigung der atomaren Altlasten. Und auf anderer Ebene will man sich ja auch noch seinerseits Geld vom Steuerzahler zurückholen. Eon-Vorstand Johannes Teyssen begründete kürzlich die Entschädigungsklage vor dem Verfassungsgericht mit dem Schaden, den der Atomausstieg auch für die vielen Kleinaktionäre bedeute, „die bei uns ihre Ersparnisse und Renten angelegt haben“.

Der „kleine Mann“ wird vorgeschoben im beinharten Milliardenpoker. Und der Staat, der ja auch irgendwie „den kleinen Mann“ vertritt, ist in einer vertrackten Situation. Einerseits kann es nicht angehen, die Konzerne aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Andererseits dürfte ein zu tiefer Griff in die Taschen der wankenden Riesen deren Lage noch verschlechtern. Mit Insolvenzen der Versorger wäre niemandem gedient.

Wenn die Konzerne den Weg freiwillig nicht mitgehen, kann dies eigentlich nicht in ihrem Sinne sein. Schließlich wollen sie doch Ruhe in ihre neuen Geschäftsmodelle mit der grünen Energie bringen. Die gibt es aber nicht, wenn der Milliardenpoker weitergeht.

Solche Unsicherheiten sollte sich auch der Staat nicht bieten lassen von den Konzernen, die jahrzehntelang Gewinne aus der Atomenergie zogen und die Kosten nun sozialisieren wollen. Gibt es keinen Konsens, muss ein Gesetz her. Und zwar möglichst schnell. Damit nicht zu dem ungeklärten Atommüllproblem auch noch eine grenzenlose finanzielle Haftung dazukommt.