Meinung Die Idee der SPD braucht mehr Verlässlichkeit

Dass die SPD bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg schon 2011 hinter den Grünen lag, hielt die Partei für einen Betriebsunfall. Fünf Jahre später ist sie auf dramatische Weise eines Besseren belehrt worden: 12, 7 Prozent bleiben den Sozialdemokraten im Ländle — da hat sich der Stimmenanteil — ruckzuck — fast noch einmal halbiert.

Foto: Sergej Lepke

Betrachtet man dazu die 10,6 Prozent für die SPD aus Sachsen-Anhalt darf man Zweifel daran gewinnen, ob die Volkspartei noch eine Volkspartei ist. Oder aber eher doch mehr von ihrer großen Vergangenheit denn aktuell von einem großen Teil eines überzeugten (Wahl-)Volkes am Leben gehalten wird.

Wenige Tage nach dem politischen Erdbeben in drei Bundesländern passiert im geistigen Zentrum der Sozialdemokratie, was man befürchten musste: Dass sich die Granden der Partei am „Erfolg“ der Ministerpräsidentin Malu Dreyer berauschen — wohlgemerkt mit der Bestätigung eines historisch schlechten SPD-Wahlergebnisses in Rheinland Pfalz. Und dass sie alle Entwicklungen der Krisen-Genese bereitwillig übersehen, die weniger mit Flüchtlingspolitik und AfD-Wachstum zu tun haben könnten, als es der Partei lieb sein kann.

Der famose Kretschmann-Sieg und auch die gelungene Aufholjagd von Malu Dreyer haben es gezeigt: Die Wähler halten sich gerade in Zeiten, in denen ihnen die Welt um die Ohren zu fliegen scheint, zuerst an starken und verlässlichen Persönlichkeiten fest, die keinen Schlingerkurs fahren, sondern für Grundsätze stehen und Politik daran ausrichten. Das galt schon immer. Und in diesen Tagen, in denen die Parteien an sich ganz offensichtlich ihre lange als selbstverständlich hingenommene Bindungskraft verloren haben, aber noch mehr. Diese personale Politik-Idee dürfte auch das Plus der SPD bei der Landtagswahl im Mai 2017 in Nordrhein-Westfalen sein: Hannelore Kraft vermag die Menschen ähnlich hinter sich zu versammeln, wie das Kretschmann oder Dreyer gelingt.

Der Parteichef Sigmar Gabriel vermag das nicht. In einer Zeit, in der die Idee der SPD von sozialer Gerechtigkeit und Solidarität hohe Konjunktur haben müsste, gilt der Parteichef als zu wenig verlässlich und standfest. Gabriel steht auch einer echten Ursachendebatte für das jüngste Wahldebakel im Weg, weil eine solche niemals ohne Kritik am Vorsitzenden auskäme. Niemand ist da aus den Reihen hinter dem Vorsitzenden, der jetzt das Wort erheben würde. Obwohl es an der Basis spürbar rumort. Mit einem einfachen „Weiter so“ ist keiner der etablierten Parteien geholfen. Aber der SPD könnte es das Genick brechen.