Meinung Die Türkei hält am Besuchsverbot für Incirlik fest

An diplomatischen Rettungsversuchen seitens der Bundesregierung hat es nicht gefehlt. Aber nun muss auch mal Schluss sein. Wenn die Türkei partout so engstirnig ist, Bundestagsabgeordneten den Besuch deutscher Soldaten in Incirlik zu verweigern, dann gehören diese Soldaten endlich aus der Türkei abgezogen.

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Dann darf Ankara der Bundesregierung nicht mehr länger auf der Nase herumtanzen.

Offiziell heißt es jetzt aus der türkischen Hauptstadt, die verweigerte Besuchserlaubnis habe mit dem Asyl für türkische Offiziere in Deutschland zu tun. Nach Lesart von Staatspräsident Erdogan handelt es sich um Militärs, die für den Putschversuch im vergangenen Jahr verantwortlich sind. Doch einmal davon abgesehen, dass Asylgründe in Deutschland einer rechtsstaatlichen Prüfung unterliegen und keiner Willkür, der man in der Türkei inzwischen auf Schritt und Tritt begegnen kann, so handelt es sich nur um eine weitere politische Nebelkerze.

Das Drama um die Truppe in Incirlik hat schon viel früher begonnen. Bereits im Juni des vergangenen Jahres wurden die deutschen Soldaten zum Spielball türkischer Politik. Schon damals verbot Ankara einer Delegation des Bundestages den Zutritt zu der Luftwaffenbasis, weil das deutsche Parlament zuvor eine Resolution verabschiedet hatte, die die massenhafte Tötung von Armeniern im Osmanischen Reich vor mehr als ein Jahrhundert als Völkermord einstufte. Eine „Rache“ auf Kindergartenniveau. Dabei muss man sich das auf der Zunge zergehen lassen: Die Bundeswehr hilft durch Aufklärungsflüge mit, die terroristischen Gefahren auch für die Türkei zu minimieren, und zum „Dank“ werden die Soldaten mit Besuchsverboten ihrer Volksvertreter belegt. Absurder geht es kaum.

Vielleicht war Sigmar Gabriel ja von dem Gedanken beseelt, diesen kleinkarierten Unfug bei seiner jüngsten Türkei-Reise doch noch aus der Welt zu schaffen. Es wäre ein schöner Erfolg des Außenministers gewesen, den seine SPD auch im Wahlkampf hätte vermarkten können, nachdem Kanzlerin Angela Merkel schon beim Nato-Gipfel in Brüssel bei Erdogan abgeblitzt war. So aber bleibt jetzt nur noch der geordnete Abzug. Das Bundeskabinett muss ihn umgehend in die Wege leiten.

Offenbar fühlt sich Erdogan wegen seiner Schlüsselrolle, der EU samt Deutschland die Flüchtlinge vom Leib zu halten, auf sehr hohem Ross. Und der provozierten Verlegung der Bundeswehr aus Incirlik könnten weitere Provokationen folgen. Darauf hat die Bundesregierung allerdings noch keine Antwort. Am Ende lässt sie sich wohl auch nur europäisch finden. Zum Beispiel mit einer offiziellen Aufkündigung der Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union. Eine Türkei, die wegen Erdogan immer stärker in Richtung Diktatur marschiert, hat in der EU nichts zu suchen.