Meinung Europa braucht eine neue Ge- und Entschlossenheit

Man erschrickt: Bei der Münchener Sicherheitskonferenz war plötzlich wieder von Kaltem Krieg die Rede, sogar von Weltkrieg, und man zeigte sich gegenseitig verbal die atomare Bewaffnung. Sind sie alle wieder verrückt geworden?

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Nein, nicht alle. Russlands Medwedew hat die Tonlage angestimmt, kein anderer. Und es war diesmal nicht der angebliche amerikanische Imperialismus, der diese Situation ausgelöst hat, es ist der russische. Moskaus Annexion der Krim, sein verdeckter Krieg in der Ost-Ukraine, sein offener Krieg in Syrien, die Aufrüstung seiner Armee, die Bedrohung der baltischen Staaten, Georgiens und Moldaus, das sind die Fakten. Demgegenüber stehen zwar Ungeschicklichkeiten der EU-Diplomatie bei ihrem Umgang mit dem großen Nachbarn in Sachen osteuropäische Partnerschaft. Schlimmeres aber nicht.

Man soll bloß nicht auf die Mär der russischen Medien hereinfallen, hier werde eine Nation systematisch an den Rand gedrängt. Eher ist es im Gegenteil so, dass Obamas gut gemeinter Rückzug von den europäischen und nahöstlichen Konfliktfeldern Moskau erst ermutigt hat. Man soll sowieso nicht Russland mit Putin gleichsetzen. Die russische Führung setzt auf Konfrontation und Nationalchauvinismus, weil sie im Inneren nichts auf die Reihe bekommt außer Repressionen gegen Andersdenkende. Es ist schlimm genug, dass die Mehrheit der Russen dem nachläuft. Es ist nachgerade schändlich, dass es auch im Westen welche tun, in Deutschland ausgerechnet die Linkspartei und Rechte wie Horst Seehofer.

Wo Amerika nicht ist, füllen andere das Vakuum. Aber Amerika kann nicht überall sein. Umso mehr fällt der Blick auf Europa. Natürlich wäre es gefährlich, jetzt Gleiches mit Gleichem zu beantworten. Die erste Antwort muss Diplomatie lauten, die zweite und dritte auch. Denn noch ist nicht ausgemacht, wie weit Putin gehen wird. Aber Europa muss sich auch vorbereiten, es darf wegen eines drohenden Kalten Krieges jetzt nicht in Angststarre verfallen. Europa braucht eine neue Ge- und Entschlossenheit gegenüber Moskau, und es braucht eine abgestimmte Sicherheitspolitik. Dazu gehört Solidarität mit den Nachbarn Russland, dazu gehört auch eine Überprüfung der Wehretats.

Das alles wird gelten, so lange Putin im Kreml regiert. Es kann eben der Frömmste in Frieden nicht leben, wenn es dem Nachbarn nicht gefällt. Das war die ernüchternde Botschaft von München anno 2016.