Nationalmannschaft: Allerhöchste Zeit für neue Impulse
Die Entwicklung der Fußball-Nationalmannschaft stagniert
Die Verdienste des Bundestrainers Joachim Löw sind unbestritten. Kein Zweifel. Unbestreitbar ist aber auch, dass die Entwicklung der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ganz offensichtlich ins Stocken geraten ist.
Niemals in der 104-jährigen Länderspielgeschichte hat eine deutsche Mannschaft einen Vier-Tore-Vorsprung verspielt. Insofern ist das 4:4 mehr als eine Momentaufnahme. Das 4:4 ist eine Zäsur. In dieser Situation müssen Fragen erlaubt sein.
Auf hohem internationalen Niveau einen derartigen Vorsprung zu verspielen, ist auf jeden Fall bemerkenswert. Vorausgesetzt, die Kommunikation in der Mannschaft stimmt, die Mannschaft hat eine klare Struktur und es gibt Spieler, die als Wortführer anerkannt sind.
Das ist das erste Problem. Der Kapitän ist Philipp Lahm, aber irgendwie auch immer Bastian Schweinsteiger. Eine klare Ansage ist das nicht. Und Alphatiere sind beide nicht.
Löw wie sein Vorgänger Jürgen Klinsmann bevorzugen flache Hierarchien. Das demokratische Prinzip ist ein hervorragendes, in Fußballmannschaften aber nur bedingt tauglich. Gegen Schweden fehlte ein Akteur, der Anordnungen gibt, um Ordnung zu gewährleisten.
Löws großer Verdienst ist, die spielerische Qualität der deutschen Mannschaft enorm entwickelt zu haben. Was die Offensive zu leisten im Stande ist, zeigte sich in den Traumkombinationen des ersten Durchgangs gegen Schweden.
Sobald sich das Spielgeschehen aber in die deutsche Defensive verlagert, werden die Probleme unübersehbar. Die hohe Qualität des Angriffs korrespondiert nicht mit dem Zustand der Abwehr.
Und was spätestens im Spiel gegen Schweden deutlich wurde: Löw ist kein Wettkampftrainer, keiner, der energisch in den Spielverlauf einzugreifen versucht, Kommunikation herstellt und wirksam Veränderungen herbeiführt.
Man kann sagen: Joachim Löw reagiert zu wenig auf den Spielverlauf. Und er mag keine Alphatiere. Das heißt nicht, dass jetzt nur der Rückgriff auf so genannte deutsche Tugenden weiterhilft.
Aber Titel gewinnt man nur im Gleichgewicht von Offensive und Defensive. Was dem deutschen Spiel fehlt, ist Kontrolle. Das ist ein Problem der Mannschaft. Aber auch eines des Trainers.