NRW-Neuwahl: SPD-Spitze bedingt in Champagnerlaune
Nach wirren 24 Stunden hat bereits der Wahlkampf begonnen
Wir wissen nicht, ob Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann am Mittwoch Champagner tranken. Grund dafür hätten sie. Denn die beiden Damen und ihre Koalition sind die großen Gewinner der wirren 24 Stunden von Düsseldorf, die nach einer überraschenden Bewertung eines Juristen am Dienstagnachmittag zur Auflösung des Landtags am Mittwoch führten. Das heißt Neuwahl.
Auch wenn Rot-Grün bislang mit der Rolle einer Minderheitsregierung erstaunlich souverän umging, dürfte sich ab Mai die Situation klar verbessern. Zumindest aus heutiger Sicht kann sich die Regierung dann auf eine echte Mehrheit stützen und muss nicht mehr auf die fallweise Duldung durch CDU, FDP oder gar Linkspartei hoffen. Doch auch wenn vor allem Kraft und Löhrmann profitieren: Es ist glaubhaft, dass sie wie alle anderen von der aktuellen Rechtsauslegung und damit dem vorzeitigen Ende der Legislaturperiode überrascht wurden.
Richtig bitter ist diese schnelle Wendung für die FDP, die sich ganz offensichtlich verkalkuliert hat, als sie sich auf eine Ablehnung der Einzelhaushalte festlegte. Von dieser Position konnte sie jetzt nicht mehr abweichen, ohne für immer das Umfaller-Image zu bekommen. Für die Liberalen bedeutet das allerdings den politischen Selbstmord.
In dem am Mittwoch bereits begonnenen Wahlkampf kann sich zwar noch viel ändern, doch bei der FDP müsste es ein Wunder geben, wenn sich ihre Parlamentarier und Fraktionsmitarbeiter keine neuen Jobs suchen müssten. Knapp werden mit dem Wiedereinzug könnte es auch für die Linken. Völlig unkalkulierbar sieht es bei den Piraten aus, die sicherlich von ihrem Apparat her am schlechtesten für diesen überraschenden Wahlkampf gerüstet sind. Und die CDU? Selbst als stärkste Fraktion fehlte ihr ein Koalitionspartner zum Regieren.
Trotz aller Aufregung und heißer Wahlkampfwochen sei eine Prognose gewagt: Für NRW ändert sich wenig, die Regierung kommt lediglich stabiler aus der ganzen Geschichte heraus. Doch die Bundespolitik wird kräftig erschüttert. Statt einer Landtagswahl gibt es 2012 jetzt drei — eine davon im bevölkerungsreichsten Bundesland. Vor allem Angela Merkel hat mit ihrer Koalition eine weitere Baustelle, die sie im Gegensatz zu den Damen in Düsseldorf nicht in Champagnerlaune versetzen dürfte.