Meinung Überversorgung auf Kosten der Patienten
Wer krank ist, möchte möglichst schnell und gut behandelt werden. Ob das ambulant im Krankenhaus oder bei einem niedergelassenen Arzt geschieht, dürfte den Patienten in den meisten Fällen ziemlich gleichgültig sein.
Denjenigen, die die Behandlung durchführen, ist es aber alles andere als egal, wer was macht. Denn es geht um Geld, um viel Geld. Trotz unzähliger Reformen im Gesundheitswesen hat sich an den Verteilungskämpfen zwischen Kliniken und Praxisärzten nichts geändert. Im jüngsten Krankenhaus-Report der Krankenkasse AOK ist von einem „Wildwuchs“ bei ambulanten Behandlungen die Rede. Zu Recht wird der fehlende Ordnungsrahmen bemängelt. Zwischen Kliniken und Praxen verläuft eine Mauer. Und die Politik erweist sich als unfähig, sie abzureißen.
Weil Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte nicht wirklich kooperieren, sind Mehrfachuntersuchungen die Regel. Das ist teuer und kostet Zeit. Bereits vorhandenes Wissen über die Erkrankung des Patienten wird nur unzureichend übermittelt. Das kann zu Behandlungsfehlern führen. Was fehlt, sind Hausärzte, die eine echte Lotsenfunktion übernehmen und die Patienten vor zu viel und falscher Medizin schützen. Die Politik stärkt den Hausärzten aber nicht den Rücken, um diese Funktion ausüben zu können.
Wenig effizient ist auch das, was die große Koalition mit dem Krankenhausstrukturgesetz auf den Weg gebracht hat. Es gibt zu viele Kliniken in diesem Land. Und daran wird das Gesetz nichts ändern. NRW und die Niederlande sind bei Einwohner und Fläche nah beieinander. Während sich unsere Nachbarn mit rund 130 Krankenhäusern begnügen, sind es an Rhein und Ruhr etwa 400. Fast jedes zweite Haus arbeitet mit Verlust. Die gesetzlichen Kassen beklagen, dass es in deutschen Krankenhäusern 100 000 Betten zu viel gibt.
Der Preis für diese offensichtliche Überversorgung ist hoch: Weil die Kliniken nach Fallpauschalen abrechnen, sind wir Weltmeister beim Operieren. Ob es um Bandscheiben, Knie- und Hüftgelenke oder Kaiserschnitte geht: Deutschland belegt Spitzenplätze. Allzu oft kommt das Skalpell ins Spiel, weil das gut bezahlt wird und nicht, weil es gut für den Patienten ist. Was fehlt, ist eine konsequente Qualitätskontrolle. Wer schlecht operiert, bekommt weniger Geld. Das steht zwar im Gesetz, wird durch Ausgleichszahlungen aber ausgehebelt. Schlechte Kliniken existieren also weiter.