NHL-Star Seidenberg: „Habe mit den Tränen gekämpft“
Boston (dpa) — Dennis Seidenberg rang sehr mit sich. Der deutsche Nationalspieler stand auf dem Eis des TD Gardens von Boston, auf dem großen Videowürfel wurden Bilder der Marathon-Tragödie eingespielt.
Fotos von geschockten Menschen unmittelbar nach den Bomben vom Montag, aber auch von Polizisten, Feuerwehrleuten, freiwilligen Helfern. „Ich habe mit den Tränen gekämpft. Es war schwer, beim Anblick dieser Bilder nicht zu weinen und anschließend Eishockey zu spielen“, sagte Routinier Seidenberg der Nachrichtenagentur dpa.
Nach der emotionalen Ouvertüre wurde dann gespielt. Seidenbergs Bruins unterlagen den Buffalo Sabres mit Christian Ehrhoff und Jochen Hecht im Penaltyschießen 2:3, machten durch den Punktgewinn aber dennoch den Einzug in die Playoffs der nordamerikanischen Profiliga NHL perfekt. Auch die Sabres dürfen durch den Sieg weiter auf die Teilnahme an der K.o.-Phase hoffen.
Für Boston war der Ausgang der Partie aber fast nebensächlich, der Massachusetts-Metropole ging es nach den traumatischen Ereignissen vom Wochenbeginn vor allem um die Rückkehr in den sportlichen Alltag. „Wie lieben diese Stadt“, sagte Seidenbergs Teamkollege Chris Kelly. „Wir helfen, wo wir können - seien es auch nur zehn Minuten Freude, zwanzig Minuten Freude.“ Buffalos Goalie Ryan Miller fand: „In diesem Spiel geht es vor allem darum, zusammenzukommen und den Menschen hier etwas Normalität zurückzugeben. Ich bin stolz, dabei zu sein.“
Die Partie im TD Garden war das erste große Sportevent in der seit den tödlichen Anschlägen beim Marathon geschockten Stadt. Drei Menschen waren am Montag ums Leben gekommen, 180 verletzt worden. Auch ihnen zu Ehren trugen die Spieler beider Mannschaften auf ihren Helmen eine Schleife in den blau-gelben Farben des Boston-Marathons. „Boston Strong“ stand als Schriftzug darauf. „Wir sind Boston, wir sind stark“, hieß es im eineinhalbminütigen Video-Einspieler.
Nach dem Spiel verschwanden die Teams nicht wie üblich sofort in der Kabine, sondern versammelten sich an der Mittellinie, winkten mit den Schlägern oder schlugen auf das Eis, um sich zu verabschieden. Für einen Gänsehautmoment hatten die Fans selbst vor dem ersten Bully gesorgt, als die knapp 18 000 Zuschauer die US-Nationalhymne sangen. Sänger Rene Rancourt gab mit dem Mikrofon in der Hand den Takt vor.
Am Montagabend hätte Rancourt eigentlich wie in den vergangenen 35 Jahren auch das „Star-Spangled Banner“ im TD Garden singen sollen - doch das Match der Bruins gegen die Ottawa Senators war wegen der Bomben-Anschläge Stunden zuvor auf Ende April verschoben worden. Den Playoff-Einzug holte der Meister von 2011 nun nach, zum sechsten Mal in Serie qualifizierte sich Boston für die K.o.-Runde. Mit 57 Zählern sind die Bruins Zweiter im Osten und sechs Spieltage vor dem Ende der Vorrunde nicht mehr von den ersten acht Plätzen zu verdrängen.
Auch für die Sabres war der Sieg enorm wichtig: Ehrhoff und Co. fehlen nur noch zwei Punkte zum entscheidenden Tabellenrang acht der Eastern Conference. Allerdings hat Buffalo (44 Punkte) zwei Spiele mehr bestritten als die achtplatzierten New York Rangers (46) und eines mehr als die Winnipeg Jets auf Rang neun (46).
Ehrhoff hatte das zwischenzeitliche 1:1 vorbereitet - den Schuss des Verteidigers fälschte sein österreichischer Teamkollege Thomas Vanek ins Tor ab. Cody Hodgson rettete die Gäste 27 Sekunden vor Schluss mit seinem 2:2 in die Verlängerung. Im Penaltyschießen behielt Drew Stafford als einziger von sechs Schützen die Nerven. Beim gemeinsamen Verabschieden waren dann beide Teams Sieger.