600 Menschen demonstrieren in Bonn gegen Antisemitismus
Bonn (dpa/lnw) - Etwa 600 Menschen haben am Donnerstag in Bonn gegen Antisemitismus demonstriert. Mit dem „Tag der Kippa“ reagierte die Stadt auf eine antisemitische Attacke auf einen israelischen Professor und das anschließende Verhalten der Polizei, die den Wissenschaftler irrtümlich für den Angreifer gehalten hatte.
Viele Teilnehmer der Kundgebung trugen eine Kippa, einige hielten Transparente mit Aufschriften wie „Gegen jeden Antisemitismus“ und „Jüdisches Leben in Deutschland willkommen“.
Oberbürgermeister Ashok Sridharan zeigte sich „beschämt“ über das Geschehen in der vergangenen Woche. Das Vorgehen der Polizei müsse „vorbehaltlos und lückenlos“ aufgeklärt werden, forderte der CDU-Politiker bei der Kundgebung auf dem Markt vor dem Alten Rathaus. Gleichzeitig zeigte er sich „berührt“ davon, dass so viele Menschen seinem Aufruf gefolgt seien. Bonn stehe für Toleranz, sagte Sridharan.
Für die in Bonn angesiedelten UN-Behörden sagte Martin Frick vom Klimasekretariat: „Das hier zu sehen, (...) bestätigt uns als UN, dass wir hier goldrichtig sind.“ Bonn sei eine Stadt, die nicht schweige. Margaret Traub, Vorsitzende der Synagogengemeinde Bonn, warnte: „Eine Demokratie, in der Juden diffamiert werden, schwächelt in ihren Grundwerten.“ Die Jagd auf die Juden sei nur der Anfang, andere Minderheiten würden dann schnell folgen. „Judenfeindlichkeit ist bei uns in Deutschland oft in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, sagte Traub. So würden jüdische Kinder in der Schule gemobbt.
Der „Tag der Kippa“ war ursprünglich für November geplant gewesen, wurde nach der Attacke auf den israelischen Hochschullehrer aber vorgezogen. Der mutmaßliche Täter ist mittlerweile in Haft.
Die alarmierten Polizisten hatten den Philosophie-Professor Jitzchak Jochanan Melamed aus den USA irrtümlich für den Täter gehalten und überwältigten ihn. Einer der Beamten schlug ihm dabei ins Gesicht. Gegen die vier beteiligten Polizisten laufen Ermittlungen wegen des Verdachts der Körperverletzung und der versuchten Strafvereitelung im Amt.