Auszeichnung „Schärfste Klinge“ Özdemir: „Auszeichnung ist ein Zeichen gegen Hass“

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir erhält vor 700 Gästen die Auszeichnung „Schärfste Klinge“. Er warnt vor Rassismus.

Grünen-Politiker Cem Özdemir erhielt in Solingen die Auszeichnung "Die Schärfste Klinge".

Foto: Christian Beier

Cem Özdemir war sichtlich gerührt, als er am Donnerstagabend Solingens Ehrenpreis „Die Schärfste Klinge“ aus den Händen von Oberbürgermeister Tim Kurzbach erhielt: „Dieser Preis berührt mich“, sagte der Bundestagsabgeordnete der Grünen im Theater und Konzerthaus. Diese Auszeichnung solle als Ermutigung für alle Menschen in Deutschland verstanden werden, „die sich mutig gegen Hass und Rassismus stellen“, betonte der 53-Jährige unter dem Applaus hunderter geladener Gäste.

Özdemir erhielt den Ehrenpreis, weil er „für die freiheitliche Demokratie eintritt und sich stets gegen Rassismus und Ausgrenzung wendet“, heißt es in der Begründung. Seine Überzeugung vermittele er dabei „mit Leidenschaft und als virtuoser Redner.“

Der Preisträger erinnerte daran, dass der Brandanschlag von Solingen ihn vor mehr als einem Vierteljahrhundert den Weg in die Bundespolitik gewiesen habe. Er war der Überzeugung dass, „jemand im Deutschen Bundestag die Sprache von Mevlüde Genç sprechen sollte“. Die Mutter und Großmutter der Opfer habe sich gegen den Hass gestellt und zur Versöhnung aufgerufen.

Bundespräsident a. D. Joachim Gauck kam als Laudator. Er warnte vor der zunehmenden Radikalisierung der politischen Auseinandersetzung: „Wir werden es nicht hinnehmen, dass Hass und Ausgrenzung zu einem normalen Mittel der Politik werden. Wir sind verschieden. Streit gehört deshalb zur Demokratie und zu einer offenen Gesellschaft“, ermunterte Gauck, der von 2012 bis 2017 Bundespräsident war und 2011 die „Schärfste Klinge“ verliehen bekam.

Zum Streit gehöre aber auch, dass Regeln befolgt würden und dass man sich gegenseitig achte. „Wir brauchen Menschen, die sich in der Gesellschaft engagieren“ – ganz egal, ob in der Kommunalpolitik, im Sportverein oder im Kirchenchor. Dabei mahnte Gauck eine einfache und verständliche Sprache an: „Wir dürfen die einfache Sprache nicht den Verführern überlassen.“ Özdemir sei ein beeindruckendes Beispiel: „Ihre Sprache ist nicht anbiedernd, aber Sie haben auch keine Angst vor Volkstümlichkeit.“

Auch Oberbürgermeister Tim Kurzbach mahnte, es sich nicht zu einfach zu machen. „Seien Sie mutig, gehen Sie auf andere Menschen zu, suchen Sie den Dialog“, ermutigte er die Zuhörer.

„Schärfste Klinge“ sei eine besondere Auszeichnung

Preisträger Cem Özdemir spannte in seiner Dankesrede dann einen großen politischen Bogen. Die „Schärfste Klinge“ verliehen zu bekommen, sei für ihn eine besondere Auszeichnung, unterstrich er immer wieder auch seine Beziehung zur Klingenstadt. Einmal für seine rhetorischen Fähigkeiten ausgezeichnet zu werden, sei in seiner Kindheit nicht zu erwarten gewesen: „In der vierten Klasse hatte ich in Deutsch die Note 5.“

Viel Applaus erhielt auch Kabarettist Fatih Çevikkollu. Satirisch erörtere er den Unterschied zwischen „digitalen Eingeborenen“ und „digitalen Migranten über 40“, die auch so ihre Probleme mit der Integration hätten. Nach seinem Auftritt mischte sich der Kölner ins Publikum, um den Festrednern zuzuhören. Im Foyer skizzierte der 46-Jährige später in vielen Gesprächen seinen Solingen-Bezug: „Die Sprache ist das schärfste Instrument, das wir haben. Insofern ist es ein toller Preis.“

Der Preis wurde zum 13. Mal seit 1979 vergeben. Ex-Oberbürgermeister Franz Haug erinnert sich: „In meine Amtszeit fielen die Preisträger Jutta Limbach, Lothar Späth und Jean-Claud Juncker. Der antwortete mit 2008 ,Lieber Franz, nehme den Preis an, ™-lich, Jean-Claude‘.“ Auf Juncker folgten die Preisträger Joachim Gauck (2011) und Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller (2014).