Rekordtorschütze Kevin Weggen „Baller League? Ich habe erst gedacht, das ist nichts für mich“

Berlin · Auf dem Weg zum Fußballprofi scheitert Kevin Weggen an seiner Einstellung. Das sagt der Oberliga-Kicker des FC Büderich heute selbst. Sein Glück findet er aktuell in der Baller League, wo er für Calcio Berlin einen historischen Treffer erzielt hat.

Kevin Weggen vom FC Büderich (Zweiter von rechts) spielt parallel auch in der Baller League.

Foto: Achim Blazy (abz)

Freistoß an der Mittellinie, bis zum gegnerischen Tor sind es etwa 25 Meter: Keine Frage, dass er sich diesen Ball schnappen wird. Wer auch sonst? Also läuft Kevin Weggen an, zieht wuchtig mit Rechts ab und erzielt den sehenswerten Anschlusstreffer zum 3:4 für Calcio Berlin gegen die Protatos. Die Partie geht am Ende verloren, doch das Tor ist historisch, denn für Weggen ist es bereits der 50. Treffer in der Baller League. Damit ist der 31-Jährige der erste Spieler der Hallenfußball-Liga, der diese Marke erreicht – und das nach gerade einmal 28 Partien.

Die Baller League befindet sich nach dem Spielortwechsel von Köln nach Berlin aktuell in ihrer dritten Saison. Die Macher hinter dem Format haben stets betont, dass sie eine Anlaufstelle für talentierte Kicker sein wollen, die den Sprung in den Profifußball verpasst haben. Kevin Weggen vom Oberligisten FC Büderich ist genau einer dieser talentierten Kicker.

Weggen kommt aus Mönchengladbach, begann mit dem Fußballspielen beim SC Rheindahlen und dem 1. FC Mönchengladbach, wechselte aber schon früh in das Nachwuchsleistungszentrum von Borussia. „Fast zwölf Jahre war ich bei Borussia, im Grunde jedes Jahr Kapitän der Mannschaften und wohl mit das größte Talent“, erinnert sich Weggen in der Youtube-Serie „In it to win it“ seines Baller-League-Teams Calcio Berlin. Damals spielte er in Gladbach unter anderem mit Amin Younes zusammen, dem der Sprung zum Profifußballer und Nationalspieler gelang – Weggen hingegen nicht.

„Ich glaube, auch viele Trainer haben etwas in mir gesehen, leider ist es für mich dann nicht so gut gelaufen. Das lag auch an der schulischen Komponente – ich war leider ein fauler Schüler“, führt der 31-Jährige weiter aus. Rückblickend sieht Weggen seine damalige Einstellung als Grund, wieso es mit dem Traum von einer Profikarriere nicht geklappt hat. „Ich kann heute ehrlich genug sein und sagen: Es lag an mir. Andere haben mehr gemacht und mehr investiert. Ich war zu faul.“

So wurde aus dem talentierten Nachwuchsspieler von Borussia Mönchengladbach immerhin noch ein respektabler Amateurkicker: Weggen spielte in den Jahren unter anderem beim Wuppertaler SV, dem VfB Lübeck und den KFC Uerdingen – höher als die viertklassige Regionalliga ging es für ihn aber nicht. Bekanntheit über die Grenzen des Niederrheins hinaus war für seine Fußballerkarriere eigentlich nicht mehr vorgesehen. Doch es kam anders.

Anfang des vergangenen Jahres startete die Baller League als erste Hallenfußball-Liga in Deutschland in die Debütsaison, damals noch in Köln. Viele Regional- und Oberligaspieler der Region wollten sich beim neuen Format beweisen und hofften auf einen Platz in den Teams, die von Prominenten und Fußballprofis gemanagt werden. Kevin Weggen verfolgt die ersten Spieltage von der Couch, war aber nicht sonderlich überzeugt: „Ich hab mir das mit meiner Frau angeschaut und gedacht: Das ist gar nichts für mich. Ich bin ein eher ruhiger Mensch, der gar keine große Aufmerksamkeit will oder braucht“, sagt Weggen.

Doch dann meldete sich Meik Kühnel bei ihm, ein ehemaliger Mitspieler aus Regionalliga-Zeiten beim FC Wegberg-Beeck. Er würde bei Calcio Berlin spielen und sie benötigten noch Spieler. So bestritt Weggen im Februar 2024 als Wildcard-Spieler seine erste Partie in der Baller League. „Es hat brutal viel Spaß gemacht – mit den anderen Spielern, aber auch mit den Jungs von Calcio, die so viel Kraft hier investieren.“ Seitdem läuft Weggen nicht nur sonntags für den FC Büderich in der Oberliga Niederrhein auf, sondern auch montags für Calcio Berlin in der Baller League. Eine „Herzensangelegenheit“ nennt er das.

Mit seinem athletischen Körper, der guten Technik und seinem unnachahmlichen Schuss ist Weggen eine absolute Waffe auf dem Kleinfeld. Und parallel zur Bekanntheit der Baller League, die regelmäßig von bis zu 100.000 Zuschauern im Livestream verfolgt wird, steigt auch der Hype um den „Wegginator“, wie er von Kommentator Robby Hunke häufig genannt wird. Auch die Berliner wissen, was sie am 50-Tore-Mann haben – und das in einer schwierigen Saison für das Team. „Wir haben nach sechs Spielen jetzt acht Punkte. Und die haben wir auch nur wegen Kevin Weggen, so ehrlich muss man sein“, beschrieb Manager Niklas Levinsohn den bisherigen Saisonverlauf im Youtube-Video.

Mit zwölf Treffern in sechs Spielen führt Weggen die Torschützenliste der Baller League an, auf seine Tore wird es weiter ankommen, wenn Calcio Berlin den Sprung ins Final Four schaffen will. Aktuell liegt das Team drei Punkte hinter Rang vier. Weggen wird sich also auch in Zukunft die Bälle bei den direkten Freistößen schnappen. Wer auch sonst?

(seka td)