Kreis Viersen Goldpreis auf Rekordkurs: Juweliere kämpfen mit sinkender Nachfrage

Kreis Viersen · Der Goldpreis hat kürzlich ein Rekordhoch erreicht, das Investoren jubeln lässt. Doch während die Preise steigen, kämpfen Juweliere im Kreis Viersen mit sinkenden Verkaufszahlen. Brautleute greifen zu schmaleren Ringen oder niedrigkarätigem Gold.

Tugay Karakus vom „Goldfenster“ in Viersen bemerkt einen deutlichen Rückgang der Nachfrage nach hochlegiertem Gold, insbesondere bei Trauringen.

Foto: Martin Röse

Seit Anfang des Jahres ist der Preis für Gold um rund ein Drittel gestiegen, in dieser Woche erklomm der Goldpreis ein neues Allzeithoch: 3.500 US-Dollar kostete eine Feinunze des Edelmetalls. Bereits im vergangenen Jahr war der Goldpreis um 24 Prozent gestiegen. Während Investoren von diesen „goldenen Zeiten“ profitieren, sehen Juweliere in der Region die negativen Auswirkungen der hohen Preise.

„Wir verkaufen definitiv weniger Gold“, stellt Tugay Karakus vom Juweliergeschäft „Goldfenster“ in Viersen fest. Und wer im „Goldfenster“ doch zu einem Schmuckstück aus Gold greift, dann meist zu etwas günstigerem: „Vor allem niedriger legiertes Gold, wie 8- oder 9-Karat, ist stärker gefragt“, berichtet Karakus, der vor zwei Monaten in seinem Geschäft extra ein „Trauzimmer“ einrichtete, in dem Brautpaare die passenden Ringe aussuchen können. Doch auch bei Trauringen gebe es den Trend zu niedriger legierten Ringen, berichtet Karakus. Viele Kunden entschieden sich angesichts des hohen Goldpreises mittlerweile für Alternativen. „Platin ist zunehmend eine beliebte Wahl“, so Karakus.

Ähnlich sieht es bei Ina Mevißen und ihrer Goldschmiede in Nettetal aus. Auch sie verkauft deutlich weniger Schmuckstücke. „Die Leute haben aktuell nicht das Geld für solche Luxusgüter – vor allem, wenn ein Ring plötzlich doppelt so teuer ist“, erklärt sie. Sie merkt, dass sich das Kaufverhalten ihrer Kundschaft verändert hat: Spontankäufe gehören der Vergangenheit an. Momentan sind Trauringe ihr meistverkauftes Produkt. „Das liegt daran, dass ihr Kauf zeitlich gebunden ist und nicht aufgeschoben werden kann“, erklärt sie. „Ein weiterer Trend ist, dass Kunden häufiger zu schmaleren Ringen greifen, um weniger Material zu verbrauchen, als es vielleicht noch vor einiger Zeit der Fall war“, so Mevißen. Die meisten Kunden warteten jedoch lieber ab, in der Hoffnung, dass die Preise wieder sinken.

Im Gespräch mit ihren Kunden merke sie die Verwirrung über die Preissteigerungen. „Viele sind erstaunt, dass ein paar einfache Ohrstecker plötzlich 500 bis 600 Euro kosten können. Da muss man viel erklären, warum die Preise so gestiegen sind, und dass ich mich mit den Preiserhöhungen nicht selbst bereichern möchte“, sagt sie.

Trotz der schwierigen Lage hat Ina Mevißen jedoch genug zu tun. Besonders beliebt sind derzeit Umarbeitungen von altem Gold. „Die Kunden bringen ihr eigenes Gold mit, und ich schmelze es um, um daraus neue Schmuckstücke zu fertigen. Sie zahlen dann nur die Arbeitskosten, nicht den Goldpreis, und haben trotzdem ein neues Schmuckstück“, erklärt sie.

Anders ist es bei Betina Tönnissen aus Brüggen: „Wir befinden uns momentan in einer sehr speziellen Situation“, erklärt sie. Derzeit verkauft sie viel Gold, aber das liegt daran, dass ihr Laden „Atelier Schmuck“ sich im Ausverkauf befindet. Am 17. Mai schließt sie ihre Türen und bietet deshalb derzeit alles zu stark reduzierten Preisen an. Ein Anreiz, der viele dann doch zum Kauf von Gold bewegt. „Die Rabatte sind jedoch auch nur möglich, weil wir aktuell Lagerware verkaufen, die noch zu den alten, günstigeren Goldpreisen eingekauft wurde“, erklärt sie.

„Der Unterschied ist jedoch deutlich spürbar“, so Tönnissen. „Als wir noch nicht im Ausverkauf waren, war das Kaufverhalten sehr viel zögerlicher. Die Leute waren entweder nicht bereit oder nicht in der Lage, so viel zu bezahlen.“ Sie erinnert sich an eine Kundin, die eine Kreuzkette für ihren Enkel zur Kommunion kaufen wollte, aber nicht bereit war, doppelt so viel zu bezahlen wie vor zwei Jahren für den anderen Enkel.

„Von den hohen Preisen profitiert jedoch auch die andere Seite“, merkt Tönnissen. Denn sie kauft in ihrem Laden auch Gold an und hat dabei eine Zunahme der Verkäufe bemerkt. „Die Leute sagen sich ‚Jetzt erst recht‘ und verkaufen ihr Gold, weil es sich momentan für sie lohnt.“ Viele lassen sich den Erlös in bar auszahlen oder investieren das Geld in neue Schmuckstücke, die ihnen besser gefallen.