(biro) Nach der Abwahl des Beigeordneten und Kämmerers Jörg Geulmann übt Kempens SPD-Chef Stefan Kiwitz Kritik am Verhalten einiger Ratsmitglieder, die sich gegen die Abwahl Geulmanns positioniert hatten. 37 Mitglieder des Stadtrats, darunter weite Teile der CDU-Fraktion sowie Mitglieder der Grünen, der SPD und der Freien Wähler hatten Geulmanns Abwahl beantragt, in geheimer Abstimmung votierten schließlich auch 37 Ratsmitglieder in der Ratssitzung Anfang April für die Abwahl.
Schon im Vorfeld hatte es Kritik gegeben. So verlangten etwa Mitglieder der FDP-Fraktion, der Sozialen Demokraten Kempen und der ÖDP-Fraktion eine Begründung für die geforderte Abwahl, die sie nicht bekamen. In der Ratssitzung kündigte Günter Solecki aus der ÖDP-Fraktion an, rechtliche Schritte gegen die Abwahl in Erwägung zu ziehen, da die Unterschriften seiner Einschätzung nach nicht auf vier Anträge hätten gesplittet werden dürfen, sondern wenigstens 26 auf einem Antrag hätten stehen müssen, teilte wenige Tage später aber mit, auf weitere Schritte zu verzichten. Würde man das Ganze neu aufrollen, würden die vier beteiligten Fraktionen einen gemeinsamen Antrag stellen, das Ergebnis wäre das Gleiche. Zudem würde Geulmann wohl ohnehin nicht mehr in Kempen arbeiten wollen, meinte Solecki.
SPD-Chef Stefan Kiwitz fordert nun die Kritiker auf, die Entscheidung der Ratsmehrheit zu akzeptieren. „Mehrheiten müssen akzeptiert werden – auch wenn es schwerfällt“, so Kiwitz: „Wenn sich 37 von 50 Ratsmitgliedern in geheimer Abstimmung für die Abwahl eines Beigeordneten aussprechen, dann ist das ein klares politisches Signal. Es bedeutet: Das notwendige Vertrauensverhältnis ist nicht mehr gegeben.“ Die Gemeindeordnung sehe ausdrücklich vor, dass eine solche Entscheidung auch ohne öffentliche Aussprache erfolgen könne – als legitimer, demokratisch verankerter Vorgang, so Kiwitz.
Dennoch versuchten einige Akteure, diese Entscheidung zu kritisieren, „indem sie die Mehrheit beleidigen, diffamieren oder unter moralischen Generalverdacht stellen. Das ist ein alarmierendes Zeichen und ein seltsames Demokratieverständnis.“
Auch der „leichtfertige Umgang mit Ratsmandaten“ untergrabe das Vertrauen in die Kommunalpolitik, warnt der SPD-Chef: „Wer sein Mandat dazu nutzt, parteiinternen Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen, sich neue Bündnisse zu suchen oder als Einzelakteur aufzutreten, muss sich die Frage gefallen lassen, ob es wirklich noch um die Sache geht – oder nur um das eigene politische Fortkommen.“ Kurz nach der Ratssitzung hatte der frühere CDU-Vorsitzende Carsten Höner, der mit der Abwahl des Kämmerers nicht einverstanden war, seinen Austritt aus der CDU erklärt und sich der FDP angeschlossen, weshalb die CDU im Stadtrat jetzt 18, die FDP hingegen fünf Sitze hat.
Die politische Landschaft – auch in Kempen – verändere sich, heißt es nun von Kiwitz. Umso wichtiger sei es, dass demokratische Grundprinzipien verteidigt würden: „der Respekt vor Mehrheiten und der verantwortungsvolle Umgang mit dem Vertrauen der Wählerinnen und Wähler“. Kommunalpolitik sei „kein Selbstbedienungsladen für persönliche Befindlichkeiten, sondern ein Ort für sachliche Auseinandersetzung, Verlässlichkeit und Gemeinsinn“, so der SPD-Chef: „Wer das nicht mittragen will, sollte den Platz frei machen – für Menschen, denen es um die Stadt geht. Nicht um sich selbst.“