Auszeichnung für Autor Helge Hesse Bayern zeichnet Düsseldorfer Autor aus
Düsseldorf · Der in Düsseldorf lebende Autor Helge Hesse hat seine Leidenschaft für Geschichte und große Persönlichkeiten zum Beruf gemacht.
Goethe und James Cook, Marie Antoinette und George Washington, Kant und Napoleon. Auf den ersten Blick scheint diese Berühmtheiten der Weltgeschichte wenig zu verbinden. Da musste erst Helge Hesse kommen, sich in vier Ländern auf Spurensuche begeben, historische Quellen studieren, Zusammenhänge herstellen – und das Buch „Die Welt neu beginnen“ schreiben. Der Düsseldorfer Autor beleuchtet darin die Zeitspanne von 1775 bis 1799, die für ein herausragend komplexes Geschehen und einen epochalen Aufschwung in vielerlei Bereichen steht. Für sein im Frühjahr 2021 erschienenes Werk erhielt Helge Hesse den diesjährigen Bayerischen Buchpreis.
„Ich bin froh und erleichtert über die Resonanz auf meine Arbeit“, sagt er. Und wenn es Kritik gibt? „Sie gehört zum Spiel, ihr stellt man sich, sobald man etwas veröffentlicht“, antwortet Hesse: „Menschen haben unterschiedliche Wahrnehmungen und Vorlieben. Ausschließlich positive Stimmen wären mir eher unheimlich.“ Er räumt ein, dass sich in „Die Welt neu beginnen“ viele Stränge kreuzen und zahlreiche Personen tummeln. Was vom Leser bisweilen Geduld und Konzentration erfordert. „Ich wollte eine durchgehende chronologische Geschichte mit eindeutigen Bezügen erzählen“, begründet er: „Aber ja, das Personal in meinem Roman hat Balzac’sche Dimensionen.“
Es ist nicht sein erstes populäres Sachbuch. Den bisher größten Erfolg brachte ihm 2006 das in 14 Sprachen übersetzte „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ ein. Schon damals sei ihm bei der geschichtsübergreifenden Recherche das Jahr 1775 aufgefallen. „Ab da passierte in 24 Jahren wahnsinnig viel an bahnbrechenden Entwicklungen“, erzählt er, führt die erstmalige Installation der Dampfmaschine an, die auf James Watt zurückgeht, die erste Pockenschutzimpfung durch Edward Jenner, die Erfindung der Spiegelteleskope von William Herschel im englischen Bath. Erschüttert wurde die Welt durch zwei politische Ereignisse, die er miteinander verknüpft sah: „Der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg hatte ganz stark mit der französischen Revolution zu tun, und diese wiederum mit ganz Europa.“
Nie zuvor habe er derart viel lesen müssen: „Mein Schreibtisch bog sich unter der Bücherlast, dauernd stieß ich auf neue interessante Tatsachen und Querverbindungen. Bei den Biografien, durch die ich mich arbeitete, war ich oft erstaunt, welche anderen Schwerpunkte da gesetzt wurden.“ Warum machte er das Vierteljahrhundert nicht voll und schloss 1800 mit ein? „Mathematisch und auch aus anderen Gründen hätte es sich angeboten. Aber es hat vom Abschluss her nicht gut gepasst. Kurz vor Silvester 1799 starb Präsident Washington. Dadurch bekam ich das erwünschte filmreife Ende.“
Aufgewachsen ist der gebürtige Mettmanner in Hessen. In Gießen studierte er Betriebswirtschaft und Philosophie, eine außergewöhnliche Kombination. „Da hat wie bei den meisten Menschen das Leben zugeschlagen“, sagt er: „Zum einen zieht es einen irgendwo hin, das war bei mir immer die Kunst. Das Kaufmännische kam durch die Familienprägung.“ Zunächst gewann es die Oberhand: Hesse arbeitete im Management von Verlagshäusern, zuletzt im Marketing beim „Handelsblatt“, wo er zudem beratend tätig war. Bis der Punkt kam, an dem ihm klar wurde, dass er eine andere Richtung einschlagen und schreiben wollte. Seine erste Idee trug er 2003 mit Herzklopfen vor: „Es gab damals noch Lexika. Aber keines über die bekanntesten Persönlichkeiten in der Wirtschaftswelt. Das durfte ich dann machen, es wurde ein guter Erfolg.“
Und so sollte es auch weitergehen. „Mit meinem ausgeprägten Interesse für Geschichte und Philosophie machte ich mich auf die Suche nach einem schönen Sachbuchthema“, erzählt er: „Treibende Kraft war und ist bis heute meine übergroße Neugier. Warum ist etwas, wie es ist? Warum heißen Monate Juli oder August? Wir leben alle gern in der Gegenwart. Dabei ist es die Vergangenheit, die in unserem gesamten Alltag präsent ist, angefangen bei Redewendungen mit historischem Hintergrund.“ Der Erfolg von „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ habe ihn vor 15 Jahren endgültig zum freien Autor gemacht, bestätigt er: „Eine Achterbahnfahrt, noch immer. Manchmal läuft es wie geschmiert, dann wieder zäh. Ich nenne es ein Lottospiel mit besseren Chancen.“