Nahverkehr Niersexpress: Fehlende Schranken führen zu Verspätungen

Kempen · Auch an Bahnübergängen auf der modernisierten Strecke von Krefeld nach Kleve gibt es offenbar Probleme. Weil die nötige Technik noch nicht da ist, wird der Verkehr quasi manuell geregelt. Wächter sind an diesen Stellen im Einsatz.

Auch am Bahnübergang an Haus Bockdorf in Kempen sperrt ein Mitarbeiter die Straße per Flatterband ab.

Auch am Bahnübergang an Haus Bockdorf in Kempen sperrt ein Mitarbeiter die Straße per Flatterband ab.

Foto: Norbert Prümen

Der Start der frisch modernisierten Strecke von Krefeld nach Kleve war bisher eher ein Stück aus Pleiten, Pech und Pannen. Die Probleme häufen sich, und viele Pendler schütteln inzwischen nur den Kopf. Vor allem, weil es auch immer wieder Probleme an Bahnübergängen gibt. Das führt dann zu Verspätungen. Die Fahrgäste wundern sich vor allem, warum an manchen Bahnübergängen Streckenposten stehen. Sobald der Zug kommt, sperren sie den Übergang mit Flatterband. Ist der Zug vorbei, geben sie die Strecke wieder frei.

Wenn doch 70 Millionen Euro für eine Modernisierung in die Technik gesteckt wurden, verstehen viele nicht, warum es am Bahnübergang dann quasi einen Schritt zurückgeht und wieder auf „Handbetrieb“ umgestellt wird. Dem Vernehmen nach gibt es gleich an drei Bahnübergängen zwischen Krefeld und Kempen solche Probleme.

Zwar gibt es beispielsweise am Übergang Haus Bockdorf in Kempen ein Andreaskreuz und gleich mehrere Ampelanlagen. Doch denen scheint man nicht so richtig zu vertrauen. Damit dort überhaupt gefahren werden kann, sind Mitarbeiter in Warnwesten im Einsatz. Den ganzen Tag, über viele Stunden.

Lokführer muss auf
die Autos achten

Ein System, das sehr anfällig ist. Denn wenn einer der Posten ausfällt, ist der Bahnübergang unbewacht. Das ist anscheinend in der vergangenen Woche auch immer mal wieder passiert. Kein Wunder in einer Zeit, in der viele erkältet sind oder wegen Corona kurzfristig ausfallen. Ist der Übergang allerdings nicht besetzt, führt das zu erheblichen Verspätungen. Denn der Lokführer muss dann vor dem Übergang abstoppen, sich vergewissern, dass kein Auto kommt, und ganz langsam weiterfahren. Das kostet Zeit und ist sicher auch nicht die sicherste Variante.

Es sieht aktuell nicht danach aus, als wenn sich an der Situation schnell etwas ändern wird. Daher ist davon auszugehen, dass die „Wächter“ an der Strecke noch weiterhin Dienst schieben werden. Ein Einsatz, der nicht ganz billig sein wird. Schließlich werden die Mitarbeiter dort zumindest Mindestlohn bekommen. Bei so vielen Stunden am Tag fällt da eine Menge an. Hinzu kommt, dass die Arbeit an den Übergängen in den kalten Wintermonaten sicher kein Vergnügen ist. Immerhin können sich die Wächter in ihrem Wagen aufwärmen. Wegen der Kälte muss der Motor laufen.

Bleibt die Frage, warum die Bahnübergänge noch nicht betriebsbereit sind, wenn die Strecke doch monatelang gesperrt war. Auf Anfrage gab es von der Deutschen Bahn bislang keine Antwort.

Ärgerlich ist zudem, dass der Zug momentan ohnehin an einigen Stellen nur langsam fahren darf. Das sei bei Neubauprojekten so vorgeschrieben, hat die Bahn berichtet. Auch da stellt sich dann die Frage, warum das nicht schon im Fahrplan berücksichtigt wurde.

All das sind Themen, die eigentlich kaum ein Grund sind, am Dienstag die Einweihung der Strecke zu feiern. Doch das wird in Kempen am Bahnhof passieren. Die Bahn spricht von Rekordtempo und Erfolg. Vokabeln, die CDU-Politiker am Niederrhein nicht gerne hören. Sie haben bereits ein Ende des Chaos gefordert und wollen einen Runden Tisch zum Niersexpress.

Auftraggeber der Rhein Ruhr Bahn, die den Niersexpress betreibt, ist der Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR). In der Vergangenheit ist der VRR durchaus auch mal recht deutlich geworden, wenn es bei der Strecke hakt. Schließlich zahlt man dafür viel Geld.

Auch die aktuelle Situation wird beim VRR natürlich genau verfolgt. „Dass es jetzt beim Streckenstart ruckelt, ist nicht schön, aber solche Dinge müssen sich auch erst noch einspielen“, sagt Dino Niemann vom VRR. Noch sei man guter Hoffnung und gehe davon aus, dass die Bahn die Probleme in nächster Zeit in den Griff bekommt. „Wir sind in dieser Sache mit der Bahn bereits im Austausch“, so Niemann.

Bei Problemen an der Strecke, also der Infrastruktur wie Stellwerken oder Bahnübergängen, habe man als VRR keine direkte Handhabe. Da müsse man sich auf die Bahn verlassen. „Im Grunde sind wir alle froh, dass in die Strecke investiert wurde und die Arbeiten jetzt abgeschlossen sind.“ Der VRR habe ein großes Interesse daran, dass sich die Situation verbessert, und hatte daher auch 2,4 Millionen Euro für die Vorplanung zur Verfügung gestellt, damit das Projekt zügig in Angriff genommen werden konnte.