Abschied von der Bruttoregistertonne
Die erste Mannschaft der Hilgener Fußballer als Kartenspiel
Das Zauberwort meiner Kindheit hieß Bruttoregistertonne. Im Internet habe ich gelesen, dass dieses Raummaß für die Größe von Handelsschiffen in Deutschland schon seit 1969 veraltet ist. Aber ähnlich wie die gute alte Pferdestärke überlebt halt manche traditionelle Messeinheit alle überflüssigen Neuerungen.
Was eine Bruttoregistertonne überhaupt ist, habe ich als Kind nie begriffen. Ich wusste nur: Wenn mein auf der Quartettkarte abgebildetes Schiff viele davon hat, habe ich wieder eine Karte mehr. So funktioniert das Spiel: Der höhere Wert gewinnt.
Im modernen Fußball spielen Bruttoregistertonnen keine Rolle. Das habe ich schmerzhaft lernen müssen, als mir dieser Tage nach vielen Jahren mal wieder ein Quartett in die Hand fiel. Es handelt sich um eine limitierte Sonderauflage, die bei der Weihnachtsfeier der Hilgener Fußballabteilung die Runde machte: Die erste Mannschaft der TG Hilgen, derzeit in der Kreisliga A unterwegs, bedankte sich damit bei der Abteilungsleitung um Klaus Nierhoff und seinen Stellvertreter Dirk Marquardt sowie weiteren Helfern für die Unterstützung.
Neben der originellen Geste ist das Spiel durchaus praxistauglich: Jeder Spieler wird in den Bereichen Defensiv, Offensiv, Laufstärke und Tempo mit Werten zwischen 1 und 11 eingestuft. Ob bei dem ebenfalls angegebenen Geburtsjahr auch der höhere Wert (und damit die Jugend) oder doch die Ehrerbietung vor dem höheren Alter sticht, sollte besser vor Spielbeginn ausgehandelt werden.
Weitere Absprachen sind in einigen Sonderfällen wohl unerlässlich, um Streitigkeiten zu vermeiden. Wie ist beispielsweise der Tempo-Spitzenwert 11 von Co-Trainer Jan Mark Vollmann zu bewerten, wenn dahinter in Klammern „Whatsapp“ steht? Und welche Rolle kommt dem Joker und Platzwart Bernhard Backes zu, dem die Fußballer ein „Geburtsjahr im 21. Jahrhundert“ unterschieben und ihm ansonsten defensiv wie offensiv eine 11, bei Laufstärke und Tempo dagegen eine magere 1 verpassen?
Vielleicht braucht man beim Verhandeln am Spieltisch dabei einfach einen guten Tag. Den benötigt laut Quartett auch Abwehrspieler Lukas Harensa, um seine Laufstärke wirklich auf 11er-Niveau auszuspielen. Und Trainer Marcus Banken zeigt Tempo offenbar nur, „wenn wir verlieren“.
Das erinnert nun wiederum an den Kapitän, der sich beeilen muss, das Schiff zu verlassen, wenn es sinkt. Vielleicht könnte bei einer Neuauflage des TGH-Quartetts doch noch mal über die Einführung von Bruttoregistertonnen nachgedacht werden.