Abschied von einer Sportlegende

Die Nationaltorhüterin und Elfenspielerin Katja Kramarczyk verlässt im kommenden Sommer die Handball-Bühne.

Foto: Kardes

Leverkusen. Sie ist eine der Leitfiguren der deutschen Nationalmannschaft, durch und durch Vorzeigeathletin sowie immerzu ein Rückhalt der Extraklasse für die Leverkusener Werkselfen. Katja Kramarczyk ist aus der deutschen Handballszene kaum noch wegzudenken, im kommenden Sommer aber ist es dennoch soweit: Die Ausnahmekeeperin beendet ihre von Erfolg gekrönte Profikarriere und hängt ihre Handballschuhe sprichwörtlich an den Nagel.

Doch zurück zu ihren Anfängen. Seit 1996 stand die 1,78 Meter große Torhüterin zwischen den Pfosten des Frankfurter HC, mit dem sie 2003 den DHB-Pokal und in der folgenden Saison die deutsche Meisterschaft feiern konnte. Zur Spielzeit 2008/09 schloss sich die gebürtige Brandenburgerin dem HC Leipzig an. „Diese Saison war ganz besonders für mich“, schwelgt die heute 33-Jährige gerne in Erinnerungen. „Ich bin als 15. Spielerin mit zu den olympischen Spielen nach Peking gereist. Gerade die emotionale Eröffnungsfeier ist ein Highlight in einer Karriere eines jeden Sportlers und natürlich ein Gänsehautmoment zugleich, den ich ganz stark im Gedächtnis behalten habe.“

Mit den Sachsen gewann Kramarczyk 2008 den Supercup und setzte sich zweimal in Folge die deutsche Krone im Frauenhandball auf — nämlich in den Jahren 2009 und 2010. Nach der Geburt ihres Sohnes Lasse im Dezember 2013 kehrte die Nationalspielerin im Sommer 2014 zurück in das HCL-Gehäuse und erfüllte sich 2016 erneut den Traum vom DHB-Pokalsieg vor heimischer Kulisse. „Mein Erfolgsrezept war sicherlich, dass ich immer exakt wusste, wo ich hinwollte. Dabei spielen mein Ehrgeiz und enormer Wille zur Selbstoptimierung bestimmt eine große Rolle“, verrät der Willensmensch.

Seit Februar vergangenen Jahres läuft die Lebensathletin, die beachtliche 140 Länderspiele mit dem Adler auf der Brust absolviert hat, nun unter dem Bayer-Kreuz für die Leverkusener Werkselfen auf und hat sich dabei schnell ganz tief in die Herzen der rheinischen Zuschauer gespielt. „Ich schätze die kontinuierliche Arbeit und familiäre Atmosphäre hier in diesem Traditionsverein. In Jutta und Renate gibt es in Leverkusen zwei Persönlichkeiten, die den Sport immer im Verbund weiterentwickeln wollen und voll und ganz leben“, schwärmt die Handballerin des Jahres 2012 und 2014, der stets von allen Seiten „viel Vertrauen und Respekt entgegengebracht wurde“.

Was Katja in und um das Spielfeld für ein Team leisten kann, ist außergewöhnlich. Grund genug also für die Bayer-Verantwortlichen, „Katjas Wunsch, sich nun mehr auf Familie konzentrieren zu wollen, zu akzeptieren. Aber wir werden bis zum Vertragsende nichts unversucht lassen, damit sie uns doch noch erhalten bleibt“, sagt Elfen-Geschäftsführerin Renate Wolf.

Die Entscheidung, im kommenden Sommer die Handballbühne zu verlassen, „ist in den letzten Monaten gereift“. Insbesondere nach der Heim-Weltmeisterschaft im Dezember geriet die Frage des weiteren Vorgehens für sie zunehmend in den Fokus. „Ich persönlich habe gespürt, dass es für mich nun an der Zeit ist, mich weiterzuentwickeln“, begründet die Sympathieträgerin schweren Herzens ihren Entschluss, einen neuen Weg einzuschlagen, „runterzukommen und auch bei sich anzukommen“. Das Leben nach dem Handball möchte sie intensiv nutzen — vordergründig „für Familie und Freunde, die auch viel im Ausland wohnen“.

Außerdem stellt ihr Studium ein spannendes Projekt dar, das dem Energiebündel folglich besonders am Herzen liegt. Seit Oktober 2016 studiert Katja Kramarczyk nämlich angewandte Sportpsychologie und weiß bekanntlich ganz genau, wie der Hase läuft: „Ich möchte durch Personal- und Live-Coaching helfen, das Potenzial in anderen Menschen zu entfalten.“

Bis das Karriereende in wenigen Monaten naht, möchte die Elfe mit der Rückennummer 12 die verbleibenden Partien im deutschen Oberhaus, der Handball Bundesliga Frauen, in vollen Zügen genießen „und Spaß daran haben, in den Hallen Deutschlands sein zu können und mich immer wieder mit den Feldspielerinnen zu duellieren“.

Am 26. Mai wird es schließlich auswärts in Thüringen an der Zeit sein, gebührenden Abschied von einer ganz Großen, nicht nur von einem Aushängeschild, sondern auch von einer Spielerin mit Weltklasse-Prädikat zu nehmen — wünschenswerterweise getreu dem Motto: Man sollte dann gehen, wenn es am schönsten ist.