Aktion von Jugendlichen: 72 Stunden in einem Dorf aus Pappe
72 Stunden lang wohnen Jugendliche in Papphütten. Besuchern bieten sie ein buntes Programm zugunsten eines Hilfsprojektes.
Burscheid. Leise, ganz leise entsteht an der Bahntrasse hinter dem Verwaltungsparkplatz Montanusstraße ein Dorf. Hier eine Seitenwand, dort ein Fenster — alles aus Pappe. Deswegen wird auch nicht gehämmert, sondern mit dicken Klebestreifen geklebt. „So langsam geht das in die richtige Richtung“, sagt Simon Tillmann und deutet auf zwei Hütten, die bereits fertig sind.
Eigentlich hätte das Dorf, das die katholische Jugend im Rahmen der bundesweiten Sozialaktion „72 Stunden — Uns schickt der Himmel“ baut, schon Donnerstagabend fertig sein sollen. Doch da schüttete es wie aus Eimern. Anstatt wie geplant in den Papphütten zu schlafen, nächtigten die rund 20 Jugendlichen in einem Pavillon auf dem Parkplatz. „Das war schon ein bisschen eng — und frisch war es auch. Aber uns war wichtig, das durchzuziehen“, sagt der 17 Jahre alte Simon, Mitglied der Katholischen Gemeinde St. Laurentius.
Nun aber, die Sonne durchbricht gerade die Wolkendecke, nimmt alles seinen geplanten Lauf. Bis Sonntag um 17 Uhr wollen die Jugendlichen, die aus unterschiedlichen Gemeinden kommen, in ihrem selbst gebauten Dorf leben. Es soll Konzerte geben, eine Fahrradreparatur-Werkstatt, in einer der Hütten soll ein Film laufen. „Alles, was wir hier machen, passiert spontan. Nichts ist festgelegt“, sagt Simon. Soll heißen, es ist geplant, dass es einen kleinen Friseurladen gibt, in dem Dorf-Besucher sich ausgefallene Frisuren machen lassen können. „Aber wenn es hier jetzt voll werden sollte und die Menschen Lust haben auf andere Dinge, dann spielen wir halt ein Spiel oder geben ein spontanes Konzert“, sagt Simon.
Egal, was passiert — es geschieht für einen guten Zweck. Denn alles Geld, was in diesen 72 Stunden zusammenkommt, geht an ein Waisenprojekt in Tansania. „Das haben wir uns ausgesucht, denn ein Mädchen aus unserer Gemeinde war schon dort und hat sich das angeschaut“, sagt Melina Weiner von der Freien evangelischen Gemeinde in Hilgen, die unter den Spontanität ihrer Kollegen gerade leiden muss. Eigentlich wollte sie mit ihrer Freundin Nele eine Giraffe aus Pappe basteln. „Hey, da wird gerade unser Hals verwendet“, sagt diese aber plötzlich und deutet auf ein langes Papprohr, das sich jetzt ein paar Jungs geschnappt haben. Sie machen daraus ein Kreuz, das sie im Dorf aufstellen wollen. Dann eben keine Giraffe. Oder aber eine mit sehr kurzem Hals.
„Für mich ist das hier auch eine Herausforderung. Man geht an seine Grenzen und überwindet sie“, sagt Melina. So wie in der vergangenen Nacht, in der die 18-Jährige immerhin „ab und zu ein Auge zubekommen hat“. Mehrere leere Kaffeekannen auf einer Europalette vor dem Pavillon sind Zeugen, dass es ihren Freunden ähnlich ergangen ist.
Neben vielen spontanen Aktionen gibt es dann aber noch noch ein paar feste Programmpunkte. So wird es am Samstag ab 14 Uhr ein Kinderprogramm geben. Und um 22 Uhr findet ein Abendgottesdienst statt. Fest eingeplant ist außerdem auch die Musik-Box: eine Band in einer der Papphütten, die immer dann spielt, wenn man Geld in eine Spendenbox wirft.