Auslandsaufenthalt Aufbruch in den Wilden Westen
Ein Schuljahr in den USA ist der Traum vieler Schüler. Laura Lopez (15) lebt ihn.
Burscheid. Das Internationale liegt Laura Lopez im Blut. Die 15-jährige Burscheiderin ist in Paris geboren und hat vier Jahre in der Nähe von Sao Paulo/Brasilien sowie zwei Jahre in Madrid gewohnt. Jetzt geht sie für ein Jahr als Austauschschülerin in die USA. Wenn die junge Frau wiederkehrt, wird sie fast die Hälfte ihres Lebens im Ausland verbracht haben. „Ich wollte unbedingt in die USA“, sagt Lopez, die auch in Australien („zu weit“) oder Großbritannien („der Akzent gefällt mir nicht“) für ein Jahr zur Schule hätte gehen können.
Dass es sie ausgerechnet in das kleine Western-Nest Taylor in Texas verschlagen hat, hat der Zufallsgenerator für sie entschieden. Lopez hat beim Veranstalter Youth for Understanding (YFU) ihre Hobbys und Interessen angegeben, nach denen eine für sie geeignete Familie gesucht wurde. Und die wurde nun mal im Lone-Star-State (so wird Texas auch wegen des einzelnen Sterns auf seiner Fahne genannt) gefunden. Das Stadtmotto lautet: „Taylor, the zest of Texas — die Würze Texas.“
„Meine Freunde und Familie machen schon Witze, dass ich bestimmt einen netten Cowboy kennenlernen und mit ihm gemeinsam durch die Wüste reiten werde“, sagt Lopez. Die vielen Klischees über den 28. Bundesstaat der USA lacht sie einfach fort. Ultrakonservativ und waffenvernarrt sollen die Bewohner sein. Nicht umsonst lautete einer der Lieblingssätze des früheren US-Präsidenten George W. Bush: „And don’t mess with Texas — Legt euch nicht mit Texas an.“ „Ich gehe da ganz offen und unbefangen hin“, sagt sie. Allerdings macht sie sich auch vorher keine großen Erwartungen — um hinterher nicht enttäuscht zu werden.
Von Gastschwester Rosie weiß sie nur, dass sie auch gerne tanzt und Musik macht. Ob wirklich so etwas wie eine geschwisterliche Beziehung entsteht? — Laura hofft es. Auch von ihren Gasteltern weiß sie nicht viel. Sie haben ein Häuschen, zwei Hunde und sind stark in der lutheranischen Gemeinde engagiert — sonntags geht es in die Kirche und mittwochs zum Bibel-Abend. Laura Lopez (ihr Vater ist Spanier, die Mutter Italienerin) ist katholisch. Mitgehen will sie trotzdem. Aus Respekt vor der Gastfamilie, und weil sie einfach dabei sein will. „Ich will für ein Jahr lang Teil dieser Gesellschaft sein“, sagt sie. Und die USA lernt man immer noch am besten in ihren Kirchengemeinden kennen.
Ein bisschen Angst ist natürlich auch dabei. „Das Schlimmste, was mir passieren könnte, ist, wenn ich mich mit meiner Gastfamilie nicht verstehe.“ Ganz schrecklich findet sie die Vorstellung, die Familie wechseln zu müssen. Und wie soll man in einem fremden Land mit einer fremden Sprache auf blöde Anmache reagieren?
Lauras Taktik, im konservativen Wilden Westen zurechtzukommen, ist einfach: Keine Extrawürste, stattdessen sich wie ein Fisch im Wasser bewegen. So will sie zum Beispiel unbedingt Cheerleading im Schulsport ausprobieren, diese Mischung aus Tanz und Akrobatik, mit der Football-Mannschaften angefeuert werden. „Ich weiß selbst nicht, was ich davon halten soll, deshalb probiere ich es ja aus“, sagt sie.
Am 13. August verlässt sie Burscheid für ein Jahr. An die Größe des Landes wird sie sich gewöhnen müssen, an die Größe der Stadt nicht. Taylor hat rund 15 000 Einwohner — das sind knapp 4 000 weniger als in Burscheid.