Bürgerentscheid: Alle Ratsfraktionen und Kirchengemeinden für Umbenennung
Alle Ratsfraktionen und Kirchengemeinden sowie die Orchesterschule rufen dazu auf, am Bürgerentscheid teilzunehmen und mit Nein zu stimmen.
Burscheid. Die massive Kampagne der Initiative zur Beibehaltung des Namens Fritz-Halbach-Straße ruft Gegenreaktionen hervor: Vertreter aller sechs Ratsfraktionen sowie der vier christlichen Gemeinden und der Orchesterschule haben am Mittwoch gemeinsam mit den Initiatoren des Bürgerantrags auf Umbenennung dazu aufgerufen, beim Bürgerentscheid am Sonntag mit Nein zu stimmen. Aufgrund der Fragestellung muss mit Nein stimmen, wer für eine Umbenennung der Straße ist.
Besonders das in der vergangenen Woche verteilte Faltblatt der Initiative hat für Wut und Fassungslosigkeit gesorgt. Entgegen der abgegebenen Erklärung in der Ratssitzung im April, das Gutachten zur Nazigesinnung Halbachs nicht infrage zu stellen, wird in dem Faltblatt nun doch versucht, die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit des Gutachters und Düsseldorfer Geschichtsprofessors Christoph Nonn zu beschädigen.
Zudem wird mit einem aus dem Zusammenhang gerissenen Zitat der Eindruck erweckt, die Freien Wähler hätten sich von dem Bürgerantrag zur Umbenennung distanziert. Dass dem nicht so ist, bekräftigte FW-Fraktionsvorsitzender Gerd Pieper unmissverständlich: „Halbach war ein Verführer und Hetzer.“
Insgesamt entstehen angesichts der kostenintensiven Werbekampagne der Initiative Spekulationen zu Drahtziehern im Hintergrund: „Die Leute werden benutzt“, glaubt SPD-Fraktionschef Klaus Becker. Die Klagen der Anwohner über zu hohe Kosten durch die Umstellung seien jedenfalls ad absurdum geführt, so Michael Baggeler (BfB): „Man muss überlegen, ob der Fonds aus Spenden zu ihrer Unterstützung noch seine Berechtigung hat.“
„Wir haben sehr wohl alle 13 Seiten des Gutachtens gelesen“, verwahrte sich Silke Riemscheid (CDU) gegen anderslautende Behauptungen. Halbachs „widerliche Zitate“ seien nicht mit der hohen Ehrung eines Straßennamens vereinbar. Auch Gert Weber (FDP) sprach angesichts des Faltblatts von „übler Geschichtsklitterung“ und Ute Hentschel (Grüne) sagte fassungslos„Ich habe das Gefühl dafür verloren, wo noch die Motivation dieser Leute liegt.“
Unterstützung erhalten die Fraktionen von allen christlichen Gemeinden. Angesichts dessen, was Fritz Halbach von sich gegeben habe, sei es aus christlicher Sicht undenkbar, mit Ja zu stimmen, so Pfarrrerin Annerose Frickenschmidt. Antisemitismus widerspreche nicht nur christlichem Gedankengut, sondern habe auch „in der Gesellschaft nichts zu suchen“, pflichtete ihr der katholische Amtskollege Temur Bagherzadeh bei.
Die öffentliche Aufmerksamkeit sieht Jens Scholz (Freie Gemeinde Hilgen) als Chance deutlich zu machen: „Wir haben nichts übrig für Antisemitismus.“ Und Lukas Schülbe (Freikirchliche Gemeinde Burscheid) hofft wie alle Teilnehmer auf eine hohe Beteiligung am Sonntag, um zu zeigen, „dass in Burscheid die Würde jedes Menschen geachtet wird“.
Erstmals nimmt mit der Orchesterschule auch eine Einrichtung des Orchestervereins Hilgen Stellung zu einer allgemeinen politischen Frage. Halbachs menschenverachtende Äußerungen stünden im Widerspruch zu den Idealen, die man den jungen Musikern zu vermitteln versuche, so Leiter Günter Haas. Sein Appell: „Geht zur Abstimmung und stimmt mit Nein!“
Das Bündnis soll noch ausgeweitet werden und will sich auch nach dem Bürgerentscheid weiter treffen, um rechten Entwicklungen zu begegnen.