Badehaus feiert Jubiläum: Hundert Jahre Sauberkeit
Früher Körper, heute Seele: Das Gebäude blickt auf ein Jahrhundert Kulturgeschichte zurück.
Burscheid. Zum Wannenbad in die Badeanstalt — vor 100 Jahren muss die Reinlichkeit der Burscheider einen spürbaren Sprung erfahren haben. Mit ein bisschen Fantasie mag man noch heute den Fichtennadelgeruch erahnen, der damals als die höchste Glücksstufe beim wöchentlichen Bad galt. Das Badehaus, das sich in einer wechselvollen Geschichte von einem Ort der eher körperlichen zu einem Ort der eher seelischen Erbauung gewandelt hat, steht kurz vor dem großen Jubiläumsfest.
Statt der Bademeister führt seit nunmehr sechs Jahren der Kulturverein das Regiment, auch wenn der letzte Bademeister Erich Schröder noch immer einen Schlüssel besitzt, ab und an aus der Nachbarschaft nach dem Rechten sieht und die Mülltonnen rausstellt. Aber immer wieder, so erzählt es die Vereinsvorsitzende Jelle von Dryander, fällt es Besuchern schwer, eine Verbindung vom Namen des Gebäudes zur Kulturveranstaltung herzustellen, die sie gerade erleben.
Also sollen am 29. Juni noch einmal die vielen Wandlungen in den Blick genommen werden, die das Badehaus seit seiner Eröffnung im Sommer 1914 erfahren hat. Schon kurz nach dem Start erforderte der Erste Weltkrieg einen eingeschränkten Betrieb. Ihre Blütezeit erlebte die Badeanstalt dann in der Zeit der Weimarer Republik.
Drei Kunstprojekte evangelischer Realschüler werden dieser Zeit huldigen. Pappmaché-Figuren stellen typische Besucher der Badeanstalt dar — vom Wartenden über die Duschdamen bis zum Voyeur; Bilder der Zehntklässler verfremden klassische Darstellungen des Badens in der Kunst; und zwei Badende aus der Jahrhundertwende mit Kopfaussparung laden dazu ein, selbst optisch in die Zeit der öffentlichen Reinlichkeitserziehung zurückversetzt zu werden.
Damit aber auch allen Orts- und Geschichtsunkundigen in Zukunft klar wird, was heute in dem ehrwürdigen Gebäude passiert, wird es passend zum Jubiläum eine Namensänderung geben, die die Kultur und das Badehaus zum orthografisch eigenwilligen KulturBadehausBurscheid verbindet.
Rudolf Otto und Barbara Sarx haben zudem anlässlich der 100-Jahr-Feier alles an Dokumenten zusammengestellt, was ihnen aus der Zeit der Badeanstalt, des städtischen Möbellagers, des Flüchtlingsheims und schließlich des Wandels zur Kulturstätte unter die Finger gekommen ist. 80 unkommentierte Seiten sind so zusammengekommen und sollten trotz einiger Druckprobleme am 29. Juni auch als eine Art Festschrift vorliegen.
Am Festtag selbst will Rudolf Otto zudem noch ein paar Geschichten beitragen — vielleicht auch Schilderungen wie die, dass die Badegäste bei Beerdigungen auf dem benachbarten Friedhof das Planschen einstellen mussten und zum Schweigen verdonnert wurden.
Inzwischen wird hier nicht mehr geplanscht, sondern musiziert und rezitiert. „Es läuft ziemlich gut“, zieht Jelle von Dryander Bilanz. Das Badehaus trägt sich, auch dank der vielen Vermietungen für Privatveranstaltungen. „Aber es springen keine Reichtümer heraus.“ Der Unterhalt muss finanziert werden, manche Renovierung auch und das Außengelände fordert ebenfalls seinen Tribut. Wie klappt’s? Natürlich wie fast überall in Burscheid „mit viel ehrenamtlichem Einsatz“.