Der Katastrophenkasper ist zurück

Ab dem 15. Februar steht Tom Gerhardt bei seinem Stück „Ketten der Liebe“ auf der Bühne des Theaters am Dom.

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Wie ist die Idee zum Stück entstanden?

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Tom Gerhardt: Der Ursprung liegt im Stück „Dinner für Spinner“, das wir kräftig bearbeitet hatten, bevor es auf die Bühne kam. Dort gab es die Figur des Trottel-Terminators Mathias Bommes, der einen Amoklauf der Tollpatschigkeit hinlegt. Das Stück kam gut an und war bislang 300 mal auf der Bühne zu sehen. Gemeinsam mit René Heinersdorff kam danach die Idee auf, ein eigenes Stück mit und für Bommes zu schreiben. Mein Co-Autor war Franz Krause, mit dem ich schon ewig zusammenarbeite, und der seinen Namen für den Hausmeister Krause hergeben hat. Wir haben lange nach einer griffigen Situation gesucht, bei der Bommes reichlich Unheil anrichten kann, und diese schließlich auch gefunden.

Worum geht es bei „Ketten der Liebe“?

Gerhardt: Bommes verehrt auf seine gutmütig, tollpatschige Art den Deutschrock-Star Andy Roth. Und der tut nach außen alles für eine gute Welt und singt treuherzige Lieder für Benefizkonzert. Doch kaum kommt er von der Bühne, macht er die Garderobiere zur Schnecke, weil die Kiwis zu hart sind. Er ist eine Diva der übelsten Art, ein Zyniker und Superheuchler, der an Moliere erinnert. Ein Dorn im Auge ist für ihn ein Termin, den das Stadtfernsehen verlost hat, und bei dem er einen Fan in seine Garderobe lassen muss. Das ist ihm höchst unangenehm.

Und jetzt kommt Bommes ins Spiel?

Gerhardt: Ja, der Rockstar wird jetzt von den Geistern getroffen, die er mit seinen Liedern aus der Flasche gelassen hat. Bommes ist auf die Texte reingefallen und nimmt diese für bare Münze. Das Treffen hat er akribisch vorbereitet. Und dann schleppt er auch noch ein Groupie in die Garderobe. Für Andy Roth kommt es ganz dick, denn er wird die beiden nicht mehr los und wird in seiner Garderobe festgesetzt, obwohl er pünktlich auf die Bühne muss. Bommes bringt ihn in eine höchst prekäre Situation und draußen im Saal wartet der eifersüchtige Freund des Groupies. Jeder der das Stück sieht, fragt sich, ob es Roth noch auf die Bühne schafft.

Und dabei meint es Bommes doch nur gut.

Gerhardt: Er will Gutes tun und Probleme lösen. Aber die werden durch ihn unüberwindbar. Bommes ist ein Katastrophenkasper sondersgleichen. Er hat ein schlichtes Gemüt, ist aber doch liebenswert. So eine Figur ist aus dem Leben gegriffen, diese Superfans gibt es wirklich. Und manche sind kaum zu bändigen. Er kann auch nicht verstehen, dass Liedtexte nicht so gemeint sind, wie sie gesungen werden. Er identifiziert sich wie Bommes total mit seinem Star.

Haben Sie auch schon mal solche Erfahrungen mit Fans gemacht?

Gerhardt: Es gibt schon welche, bei denen man einfach nur noch die Flucht ergreifen kann. Manche Menschen wollen einfach zu viel Liebe geben. Wenn ich in der Saison nach Mallorca fliege und kostümtechnisch nur gewisse Ähnlichkeiten mit meiner Figur Tommy zeige, wird es ziemlich schnell ziemlich heftig.

Wie gehen Sie damit um?

Gerhardt: Ich bin nicht empfindlich, solange es nicht total stressig wird. Man kann sich nicht über solche Dinge beschweren, wenn man auf der Bühne den Beifall haben möchte. Wer seinen Hindern aus dem Fenster hängt, darf sich nicht wundern, wenn er gesehen wird.

Hausmeister Kraus hat auch einen Gastauftritt. Wird bald auch Tommy erscheinen?

Gerhardt: Nein, der steht noch nicht drin. Es geht aber auch nicht um eine Tom-Gerhardt-Parade, sondern um ein Theaterstück. Und „Ketten der Liebe“ funktioniert gut. Wir mussten das richtige Timing finden. Aber bislang war die Reaktion in Düsseldorf und aktuell in Bonn sehr gut. Es gab bereits 50 Termine, und die waren immer zwischen gut voll und ausverkauft. Das hoffen wir nun auch für Köln.

Wie ist es, eine Rolle im eigenen Stück zu spielen?

Gerhardt: Das bin ich eigentlich gewohnt. Bei Hausmeister Krause habe ich immer mitgeschrieben und bei dem Filmen war es genauso. Auch meine Comedyprogramme schreibe ich immer selbst. Und Bommes ist eine schöne Figur. Die Leute lieben ihn — ein bisschen Fremdschämen und Mitleid inklusive. Bommes ist ja auch ein sehr liebesbedürftiger Geselle.

Welche Beziehung haben Sie zum Theater am Dom?

Gerhardt: „Dinner für Spinner“ war dort mein erster Auftritt. Das kam gut an und jetzt hoffen wir auf eine Wiederholung. „Ketten der Liebe“ ist ein gutes Stück für Köln, eine echte Lachparade und das in der Sprache der Zeit.

Wie ist ihre Beziehung zum Boulevardtheater?

Gerhardt: „Ketten der Liebe“ ist kein klassisches Boulevard-Stück. Es ist eine Komödie, die man auch in Häusern wie der Springmaus in Bonn spielen könnte. Boulevard ist oft sehr klassisch und auch bisschen altmodisch. Das sollte sich etwas ändern, da ist es gut, wenn es etwas Neues gibt.

Was ist Ihnen wichtiger — Bühne oder Fernsehen?

Gerhardt: Bühne ist für mich das Schönste, weil man live vor dem Publikum steht und direkte Reaktionen bekommt. Man kann dort die Freude miterleben. Mit dem Fernsehen kann man auf einmal viele Menschen erreichen und beim Kino kann man Dinge zeigen, die auf der Bühne nicht möglich sind. Trotzdem ist live auf der Bühne zu stehen für mich das Beste, was es gibt.