Der Maßstab macht’s
Die Freunde der Eisenbahn feiern 40-jähriges Bestehen. Seit 1995 hat der Verein in Leverkusen seinen Sitz.
Burscheid. Wer die gesamte Anlage überblicken will, muss sich fast auf die Zehenspitzen stellen: Oben arbeiten die Männer auf dem Bau oder in der Fabrik neben den Schienen, spielen Kinder im Innenhof Cowboy und Indianer, wartet ein Polizeiwagen mit eingeschaltetem Blaulicht vor dem Bahnhof. Unten: Kabel, Kabel, Kabel und noch mehr Schienen. Friedhelm Pollex bückt sich und wirft einen Blick auf die Elektrik. "Das ist unser Schattenbahnhof", sagt er. "Da können wir Bahnen parken, die nicht auf den Gleisen fahren sollen."
Pollex sieht zufrieden aus. Der 58-jährige Polizist ist Schriftführer im Verein Freunde der Eisenbahn Burscheid. Eisenbahnen sind seine Leidenschaft. "Ein vielseitiges Hobby", findet er. "Wir müssen mit der Technik umgehen, können aber auch kreativ sein. Sehen sie."
Pollex legt einen Schalter um, die Lichter auf der Anlage springen an. In der Fabrik sprüht ein Schweißgerät kleine blaue Funken. Auf einer Terrasse zieht ein Mann an einer Zigarette. Die Glut leuchtet auf. Mehr Liebe zum Detail geht nicht. "Maßstab 1:47", sagt Pollex nüchtern.
Mit ihren ausgeklügelten Strecken setzen die Burscheider Eisenbahnfreunde Maßstäbe. Die Anlage Gremberg schafft es auf einer der größten internationalen Ausstellungen in Birmingham auf den ersten Platz und setzt sich damit gegen 200 weitere Strecken durch, 1996 kürt das Publikum "Hafen Ruhrgebiet" auf der Internationalen Modellbahnausstellung in Köln zur zweitbesten Anlage.
"Bei uns arbeiten eben nur Spezialisten", sagt Pollex und zählt auf: "Bauingenieure, Landschaftsbauer, Elektroniker, Handwerker." Und ja, auch ein Lokführer. Der echte Lokführer ist der Jüngste im Verein, 27 Jahre alt. Das älteste Mitglied ist gerade 80 geworden. Die meisten Modellbauer sind bereits im Rentenalter. Wie viele Vereine plagen die Freunde der Eisenbahn Nachwuchssorgen. "Die Jugend kann sich für das Hobby nicht mehr begeistern", sagt Pollex. Der Verein richtet an der Leverkusener Realschule am Stadtpark eine AG aus. Sie ist gut besucht, die Schüler sind mit Eifer bei der Sache. Doch wenn sie die Schule verlassen, schwindet auch das Interesse. "Das ist sehr schade", findet Pollex.
Seit 1995 haben die Freunde des Eisenbahn Burscheid ihren Sitz an der Realschule, in einen Kellerraum, in dem es nach Klebstoff riecht und in wandhohen Regalen Werkzeuge, Modelle, Kabel lagern. "Die Unterbringung im Werkstattgebäude der Bahnmeisterei in Burscheid war einfach nicht mehr tragbar", erzählt Pollex. Die Deutsche Bahn habe dem Verein das Haus zum Verkauf angeboten - allerdings zu einem unerschwinglichen Preis. "So sind wir nach Leverkusen gegangen."
Deshalb den Namen des Vereins zu ändern, kommt für keines der Mitglieder in Frage: "Schließlich haben wir uns als Burscheider Eisenbahnfreunde einen Namen gemacht", sagt Pollex.