Die ganze Kuh im Blick

Der Kölner Koch und Autor Steffen Kimmig präsentiert in seinem Kochbuch 90 Rezepte von (fast) allen Teilen des Rinds.

Foto: Stephan Eppinger

Köln. Muss es immer Filet sein? Eine Kuh besteht nicht nur aus Keule, Rücken und Filet — saftiges Gulasch vom Halsstück, Leber mit Äpfeln und Zwiebeln oder Vitello tonnato vom Tafelspitz zeigen, wie lecker die komplette Verwertung des Tieres sein kann. In dem Kochbuch „Die ganze Kuh“ finden sich Gerichte von (fast) allen Teilen des Rinds: Nose to Tail - aus Wertschätzung dem Tier gegenüber und aus Interesse an außergewöhnlichen Rezeptideen.

„Ich bin in einem kleinen Dorf unweit der badischen Stadt Kehl aufgewachsen und habe dort noch Hausschlachtungen erlebt. Da wurde alles vom Tier verwertet. Das kennen viele junge Leute heute gar nicht mehr. Gerade ihnen möchte ich zeigen, was alles möglich ist“, sagt Autor und Koch Steffen Kimmig.

Der 46-Jährige hat seine Lehre im Hotelrestaurant Rebstock im Bühlertal absolviert. „Das Interesse dazu entwickelte sich bei mir durch ein Schulpraktikum bei einem sehr netten Betrieb. Ich habe damals noch direkt drei Wochen Ferienjob im Sommer drangehängt“, erinnert sich Kimmig an seine Anfänge. Später lernt er die gehobene Sterne-Gastronomie kennen. „Das hat meinen kulinarischen Blick erweitert und ich wollte wissen, was ich als Koch alles erreichen kann.“

So wechselt Kimmig nach München und arbeitet dort unter anderem drei Jahre lang unter Starkoch Hans Haas im Tantris. „Danach habe ich mir ein Jahr Auszeit genommen und war der persönliche Assistent von Eckart Witzigmann. Er hatte sich in der Zeit auf die Restaurantberatung und auf seine Kochbücher sowie die Entwicklung von neuen Rezepten konzentriert, an denen ich mitgearbeitet habe. Das war eine sehr schöne Zeit für mich.“

Steffen Kimmig, Autor und Koch

Über Witzigmann kommt Kimmig nach Berlin, wo beide Moderator Alfred Biolek bei einem Kochbuch unterstützen. „Vor Ort habe ich Bioleks Manager Andreas Lichter kennengelernt, der mich als Chefkoch in den Alten Wartesaal nach Köln holen wollte. Eigentlich wollte ich in München bleiben, aber Lichter hat nicht locker gelassen. Außerdem war ich von den Räumen und von Paolo Campi total begeistert.“

Als Campi die Richtung seines Restaurants ändern will, sucht der Badener in Köln einen neuen Job. „Inzwischen war ich in Köln wirklich angekommen und habe mit meiner Frau und unseren beiden Töchtern ein Zuhause gefunden. Über den Kontakt zum Architekten Michael Zimmermann kam der Kontakt zu Kap am Südkai. Dieses hatte Zimmermann gebaut und war auch der Betreiber.“ Zehn Jahre lang ist Kimmig dort Küchenchef im eigenen Restaurant.

„Irgendwann wurde mir das aber zu viel — sieben Tage in der Woche in der Küche arbeiten und das 360 Tage im Jahr, das ist schon ziemlich hart.“ Heute arbeitet Kimmig mit seiner Firma „StivieCusine“ als Mietkoch für private Events und als Restaurantberater. Jetzt hat er mit ‘Die ganze Kuh’ sein erstes eigenes Kochbuch veröffentlicht. „Die Idee ist mit meinem Verleger Michael Albrecht im November 2017 entstanden. Uns ging es darum auch Teile wie Bauch, Rippen und Innereien beim Kochen einzusetzen. Heute kann man sich beim Bauern auch schon an einem ganzen Tier beteiligen. Es wird erst geschlachtet, wenn sich genügend Käufer gefunden haben“, erklärt Kimmig.

Zu jeden Teil hat der Koch Ideen für Rezepte. 90 haben schließlich den Weg in das neue Kochbuch gefunden. „Das sind alte Klassiker modern interpretiert, aber auch ganz neu entwickelte Rezepte. Alles ist absolut alltagstauglich und nachkochbar. Man muss nicht jeden Tag Fleisch in großen Mengen essen, aber wenn man das ab und zu mit Andacht tut und es direkt aus der Region bezieht, ist das durchaus vernünftig im Ernährungsplan.“

Der Autor und Koch ist beim eigenen Geschmack ganz offen. „Ich mag einen schönen Eintopf wie den Gaisburger Marsch genauso gerne wie ein schönes Stück Schmorfleisch von der Schulter oder den Backen.“ Als Zielgruppe erkennt Kimmig „alle die gerne Kochen, und die sich dafür auch mal die Zeit nehmen.“

An Köln mag Kimmig vor allem den großen Fluss. „Das Laufen und Radfahren am Rhein macht Spaß. Außerdem liebe ich die Möglichkeit bei mir vor der Haustür in den Restaurant und Cafés der Südstadt draußen zu sitzen“, schwärmt Kimmig von seiner Wahlheimat am Rhein..