Die Wupper ist die Schönste
Sigurd Tesche aus Witzhelden hat einen Film über seinen Heimatfluss gedreht.
Bergisches Land. Sigurd Tesche hat in seinem Leben schon viel gesehen. Über 600 Natur- und Tierfilme hat der 69-Jährige auf der ganzen Welt gedreht. Wer würde da denken, dass gerade ein Film über seinen Heimatfluss die Wupper den Dokumentarfilmer so ins Schwärmen bringt? Doch spricht man den Solinger, der seit über 30 Jahren in Witzhelden lebt, auf sein Projekt an, dann redet er ohne Punkt und Komma und kommt aus dem Erzählen gar nicht mehr heraus.
"Es war für mich ein Muss, diesen Film zu machen", sagt Tesche. "Ich habe so viele Filme über Flüsse gemacht, da musste ich auch einen über meinen Heimatfluss machen." Immerhin war die Wupper schon immer Teil seines Lebens.
"Ich bin unweit des Flusses aufgewachsen. Wir wohnten nur 100 Meter von der Müngstener Brücke entfernt in Solingen-Schaberg", sagt der 69-Jährige. Jedoch war der Fluss, als Tesche noch ein Kind war, ein absolutes Tabu. "Meine Eltern haben mir immer gesagt ich soll mich von ihm fernhalten."
Doch dank jahrelangen Engagements wurde aus dem durch die Industrie verseuchten, toten Gewässer wieder ein Lebensraum für Tiere und Pflanzen. "Nach dieser Wiedergeburt lag es nah, dass ich einen Film über die Wupper mache", sagt Tesche.
Drei Jahre hat er mit seinem siebenköpfigen Team an dem 45-minütigen Film gearbeitet. Allein ein Jahr haben etwa die Dreharbeiten gedauert - 120 Stunden Filmmaterial entstanden. "Wir haben so viel gutes Material, dass wir noch einen zweiten Film machen könnten."
Der Film begleitet den Fluss auf seinem fast 120 Kilometer langen Weg von seiner Quelle in Börlinghausen bis hin zu seiner Mündung im Rhein in Leverkusen - und durch die vier Jahreszeiten. "Wir zeigen die Wupper so, dass der Zuschauer weiß, dass der Fluss früher kaputt war", sagt Tesche. Deshalb habe der Film auch den Titel "Die Wupper - Amazonas im Bergischen Land" erhalten.
Während der Dreharbeiten haben Tesche und sein Team die vielfältige Tierwelt entlang der Wupper festhalten können, darunter Lachse, Waschbären, zwei Schwarzstörche oder auch eine Herde Wildschweine, die den Kameramann in die Flucht schlugen.
Das Überraschendste und Spannendste war für Sigurd Tesche aber eine Unterwasser-Kamerafahrt, die er im Winter 2008 bei Glüder in Solingen flussabwärts erlebte. "Dort hat die Wupper einen Untergrund wie ein Gebirge. Es gibt da keinen Flecken, der nicht interessant ist - nicht wegen der Tiere, sondern wegen der Landschaft", erzählt Tesche begeistert.
Die Wupper hat Sigurd Tesche vollkommen in ihren Bann gezogen. "Für mich ist die Wupper das Schönste, was es in Deutschland gibt. Es gibt keine Stelle, wo sie nicht schön ist", sagt Tesche und gerät wieder ins Schwärmen.
Er spricht von den 400 Metern Höhenunterschied, die die Wupper in ihrem Verlauf hinabfließt, erzählt von ihrer 30 Millionen Jahre alten Geschichte und davon, dass vor etwa zwei Millionen Jahren an der Stelle, wo die Wupper in den Rhein fließt, Riffe waren und Haie lebten.
So viel Begeisterung hat ihren Preis. "Mit einem neuen Film über einen Fluss würde ich mich wahrscheinlich sehr schwer tun", sagt Tesche. Doch ans Aufhören denkt der 69-Jährige deswegen noch lange nicht. Gerade dreht er in Spanien einen Film über Seepferdchen zu Ende und hat schon den nächsten Auftrag des italienischen Fernsehsenders Rai für einen Fünfteiler in der Tasche.