Drama hält Bienenvolk in Atem
Jungimker André Töllner hat einen Platz für seine Tiere gefunden. Doch im Volk spielt sich gerade ein kleiner Krimi ab.
Burscheid. Zwischen hohen Gräsern, unter einem alten Kirschbaum mitten in Burscheid, spielt sich derzeit ein echter Krimi ab. Die Königin ist verschwunden. Spurlos. Ob sie zu alt war, ob sie einer mysteriösen Krankheit zum Opfer gefallen oder gar von ihren eigenen Untertanen heimtückisch ermordet wurde — Fachmann Andr Töllner (36) weiß es nicht.
Doch das Machtvakuum wird nicht lange Bestand haben, denn das Volk sucht sich bereits ein neues Oberhaupt. Besser gesagt: gleich mehrere. Sie wachsen gerade heran. Und schon jetzt steht fest, dass nur eine Nachfolgerin überleben wird. Wer zuerst schlüpft, tötet die ungeborene Konkurrenz. So grausam kann es bei Bienen manchmal zugehen.
Grete Klippert, ihr gehört der schöne Garten mit dem Zierteich und den vielen Blumen, in dem das Bienenvolk steht, bekäme von diesem Politikum nichts mit. Wäre da nicht Imker Töllner, der sie gerne auf dem Laufenden hält, was sich da in der Bienenwohnung gerade tut.
Durch einen Aufruf in unserer Zeitung ist der Leverkusener mit der 79-Jährigen in Kontakt gekommen. Er hatte in Burscheid nach einem Stellplatz für seine Bienen gesucht, da er in Leverkusen nicht fündig wurde. „Mein Vater hatte früher selbst Bienen und ich finde diese Tiere ganz toll“, sagt Grete Klippert. Sie beobachtet gerne, wie sich vor allem bei schönem Wetter ihr Garten mit Leben füllt. „Ich wollte schon länger Bienen in meinem Garten haben — und jetzt muss ich mich noch nicht einmal drum kümmern“, sagt sie und lacht.
Innerhalb der kommenden acht Tage wird die neue Königin schlüpfen, schätzt Töllner. Doch auch danach bleibt es spannend: „Nach weiteren acht Tagen ist sie geschlechtsreif und begibt sich auf den sogenannten Hochzeitsflug.“ Das bedeutet, sie fliegt zu einem streng geheimen Sammelplatz, wo sie von männlichen Bienen begattet wird. Wäre ja auch nicht schicklich für eine Königin, wenn jeder zugucken könnte. „Es ist tatsächlich so: Wo solche Sammelplätze sind und wie man sie erkennt, weiß bis heute keiner von den Experten“, sagt Töllner.
Klappt die Sache mit dem Hochzeitsflug, hat das Volk wieder ein Oberhaupt und alles kann seinen geregelten Gang gehen: Eier legen, Nachkommen produzieren, Honig sammeln. Und wenn nicht? „Dann werde ich mir eine Königin von einem Imker kaufen.“ Denn ohne Chefin funktioniert nichts.
In diesem ersten Jahr wird der Jungimker, der mit seinem Hobby gerade erst begonnen hat, noch keinen Honig ernten können. Aber im kommenden Jahr soll es so weit sein. „Jedes Volk bringt mindestens 30 Kilo — das wären also 60 handelsübliche Honiggläser“, sagt Töllner. Und für die gibt es jetzt schon zahlreiche Abnehmer.
Nicht nur die halbe Verwandtschaft des Leverkuseners hat sich bereits für das Ergebnis der ersten Honigernte angemeldet — auch Grete Klipperts Familie, Kinder und Enkel, die mit ihr im selben Haus wohnen, sind ganz begeistert von den neuen Haustieren. Und von dem, was sie produzieren. Töllner kann das gut verstehen: „Bienen sind einfach faszinierende Tiere.“ Und eine Sache ist klar: Sein erstes Glas Honig gehört ohne Zweifel Grete Klippert.