So geht Unterricht heute: Ein Besuch in der EMA
Selbstständiges Lernen und das nach individuellen Plänen: Schule hat sich sehr verändert. Ein Besuch in der EMA.
Burscheid. Der Unterricht in der Waschbär-Klasse der Ernst-Moritz-Arndt-Schule beginnt an diesem Tag mit einem Lied. Die 21 Schüler von Lehrerin Hanna Schriewer stehen im Kreis — „Wenn die Tiere schwimmen gehen, kann man tolle Sachen sehen“, tönt es aus einem CD-Spieler. Die Kinder singen laut mit, dazu gibt es eine kleine Choreografie. Erst danach beginnt das eigentliche Lernen, für das jedes Kind seinen eigenen Plan hat.
Wie ist Unterricht 2013? Anders als noch vor 15 Jahren, als Hanna Schriewer in der EMA anfing, sagt sie. „Es verändert sich ständig etwas. Inzwischen ist der Unterricht viel individueller geworden. Außerdem lernen die Schüler selbstständiger als früher.“ Den Kindern tut das gut, sagt die 55 Jahre alte Pädagogin.
Mittlerweile haben die Schüler ihre Lernpläne herausgeholt. Zu viert sitzen sie an den Tischgruppen und suchen sich ihre Aufgaben selbst aus. „Wir haben einen Plan, da steht, was wir alles machen sollen. Und wenn wir etwas fertig haben, dann malen wir den Smiley aus“, sagt Oliver. Das mit den Smileys hat Hanna Schriewer sich ausgedacht. Sie sind das Belohnungssystem in der Waschbär-Klasse.
Pierre wählt eine Leseaufgabe. Auf seinem Plan steht, in welchem Buch und auf welcher Seite er die Aufgabe findet. Die Kinder arbeiten ruhig und konzentriert, ab und zu wird geflüstert, gelegentlich schnellt ein Finger nach oben, wenn eine Frage auftaucht.
Viel allerdings muss Hanna Schriewer nicht erklären. Denn an der EMA gibt es eine sogenannte jahrgangsgemischte Eingangsklasse: Hier werden Schüler der ersten beiden Klassen zusammen unterrichtet. Ein Vorteil ist, dass die Älteren den Jüngeren helfen können. „Ich persönlich mag dieses System sehr.“
45 Minuten später haben die Schüler viele Aufgaben erledigt und ebenso viele Smileys ausgemalt. „Wenn ein Schüler seinen Plan fertig hat, bekommt er einen neuen“, sagt Schriewer. Allerdings nicht irgendeinen, sondern einen mit Aufgaben, die die Pädagogin speziell für ihn herausgesucht hat. Wer Probleme mit der Rechtschreibung hat, übt in diesem Bereich eben ein bisschen mehr. Die Pläne helfen der Lehrerin, die Übersicht zu behalten, wer auf welchem Stand ist.
Das macht mehr Arbeit, aber so ist das als Lehrer, sagt Schriewer: „Der Tag ist eben nicht vorbei, wenn hier die Schulglocke läutet.“ Dafür seien in den vergangenen Jahren zu viele Aufgaben dazugekommen, etwa in den Bereichen Verwaltung oder Sicherheit. Gerade erst hat sie eine Arbeitsgruppe zum Thema Werteerziehung eingerichtet.
Auch Frontalunterricht gibt es 2013 noch — allerdings hat er mit dem, was viele vielleicht aus ihrer Schulzeit noch kennen, kaum mehr etwas gemein. In der zweiten Stunde steht Religion auf dem Plan. Referendarin Noemi Sopniqi übernimmt. Sie und die Schüler sitzen im Kreis auf dem Fußboden. Anhand von bunten Bildern wiederholen die Kinder den ersten Teil der Geschichte von Jona, der vor Gott flieht, als dieser ihn in die Stadt Ninive schickt.
Dann liest die Referendarin vor, wie die Geschichte weitergeht. Gebannt lauschen die Kinder, bevor sie auf grünen Blättern aufschreiben, was Gott nach Jonas Flucht zu ihm gesagt hat. Ein Raunen geht durch den Klassenraum, als Noemi Sopniqi den Papierbaum ausrollt, auf den die Schüler die Blätter kleben sollen.
Hanna Schriewer hat sich in dieser Stunde zurückgenommen. Die Ausbildungsbeauftragte beobachtet und gibt später ein Feedback. Trotz der vielen Arbeit und den Herausforderungen: „Die Arbeit macht mir riesigen Spaß“, sagt sie. Dann läutet die Schulglocke zur Pause.