Gaffel-Chef Heinrich Becker schwelgt im WZ Interview in Erinnerungen an Hilgen
Gaffel-Chef Heinrich Becker über seine Erinnerung an Hilgen und seine Wünsche für das frühere Fabrikgelände.
Burscheid. Herr Becker, welche Erinnerungen haben Sie an den laufenden Betrieb in der Hilgener Ziegelei?
Heinrich Becker: Ich war als Junge in der 50er Jahren oft mit meinem Vater in Hilgen. Er war jeden Mittwochmittag in der Ziegelei und hat seinen Kontrollrundgang gemacht. Wir hatten damals vier Bereiche in der Unternehmensgruppe Becker, die ihren Sitz in Worringen hatte: da war die Brauerei, der Baustoffhandel, das Kohlensäure-Werk und die Ziegelei in Hilgen. Mein Vater musste überall vor Ort sein, da habe ich ihn oft begleitet. Das war sehr abwechslungsreich für mich. Später war mein Vetter für die Baumärkte zuständig, mein Bruder für das Kohlensäure-Werk und ich für die Brauerei.
Was für einen Eindruck hatten Sie damals von der Arbeit in der Ziegelei?
Becker: Das war für unsere Mitarbeiter eine harte, schweißtreibende Arbeit bei oft tropischen Temperaturen. Das Meiste musste mit Muskelkraft erledigt werden. Der Betrieb war kaum technisiert. Aber er war trotzdem imstande, seinen Anteil für die Wiederaufbau nach dem Krieg zu leisten. Häufig ergaben sich in der schwierigen Nachkriegszeit Tauschgeschäfte — da gab es dann auch mal Klinker für Malz.
Wie sind die Ziegelsteine entstanden?
Becker: Start war die Tongrube im unteren Teil des Geländes. Von dort wurde der Ton über eine schiefe Ebene nach oben gebracht und mit Wasser sowie fettreicherem Ton aus Frechen vermischt, sonst wäre er zu schwer zu verarbeiten gewesen. Danach wurde Masse gepresst und mit einem Draht in Rohlinge geschnitten. Diese mussten etwa eine Woche auf Gittern getrocknet werden, bevor sie in den großen Ringöfen gebrannt werden konnten. Alles musste von Hand mit Wagen von einem Ort zum anderen gebracht werden.
Wo kamen die Ziegelsteine aus Hilgen zum Einsatz?
Becker: Weil sie eine hohe Festigkeit besaßen und säurebeständig waren, kamen die Steine zum Beispiel in Chemiewerken wie bei Bayer in Leverkusen oder Dormagen zu Einsatz. Auch beim Kanalbau waren sie wichtig. Beim normalen Hausbau waren sie dagegen weniger gefragt.
Wie lange lief die Produktion in Hilgen?
Becker: 1973 hat sich der Entschluss, die Ziegelei zu schließen, abgezeichnet, weil es zunehmend schwerer wurde, die Steine an den Mann zu bringen. Zuerst gab es noch die Überlegung, in Hilgen Fließen zu produzieren. Diese wurde aber wieder verworfen. 1974 wurde die Ziegelei dann endgültig stillgelegt und für unsere Mitarbeiter ein Sozialplan erarbeitet.
Was ist nach 1974 auf dem Gelände passiert?
Becker: Sehr wenig. Die ehemalige Tongrube ist mit Grundwasser vollgelaufen und hat sich zum Biotop entwickelt, das unter Naturschutz steht. Für das obere Gelände gab es verschiedene Pläne vom Industrie- bis zum Wohngebiet. Es wurde auch überlegt, aus der Ziegelei ein Industriemuseum zu machen, um dort in einer historischen Fabrik zu zeigen, wie früher mal gearbeitet wurde.
Warum ist nie einer der Pläne realisiert worden?
Becker: Es gab immer Probleme mit den Behörden und den von ihnen verfügten Auflagen für das Gelände. Bei den Städten Wermelskirchen und Burscheid fanden sich zwar immer wieder Ansprechpartner, aber rausgekommen ist dabei nie etwas.
Was wäre Ihr Wunsch für das Gelände, da ja immer noch im Familienbesitz ist?
Becker: Wohnen in der alten Ziegelei wäre ein Projekt, das sich anbieten würde. Die Lage ist ja fantastisch und mit schönen Gebäuden könnte man dort sicher etwas erreichen. Denkbar wäre auch ein Sanatorium mitten im Erholungsgebiet.