Gas wird 20 Prozent teurer

Die Stadtwerke sehen sich als „Prügelknaben der Nation“.

Burscheid. "Wir sind nur der Überbringer der schlechten Nachricht", sagt Siegfried Thielsch. Wenn es um die Erhöhung der Gastarife gehe, seien die Stadtwerke, glaubt ihr Burscheider Geschäftsführer, längst "die Prügelknaben der Nation".

Was er damit ausdrücken will: An den dramatisch steigenden Energiekosten kann ein kommunales Versorgungsunternehmen nichts ändern, muss aber viel mehr direkten Kundenärger in Kauf nehmen als die großen Gasimporteure. "Wir haben auch doppelt so hohe Gasrechnungen an den Vorlieferanten zu zahlen wie noch vor vier bis fünf Jahren."

Nachdem zum 1. April und 1. Juli noch nichts passiert ist, wird es für die Burscheider Gaskunden ab dem 1. August deutlich teurer: Der Arbeitspreis steigt netto (also zuzüglich der Mehrwertsteuer) um 1,1 Cent pro Kilowattstunde an. Je nach Kundengruppe macht das 17 bis 20 Prozent mehr aus.

Das ist zwar weniger als die dramatischen 40 Prozent, die zeitweise durch die bundesweite Diskussion geisterten. Auch soll der neue Gaspreis zumindest bis zum Jahresende stabil bleiben. Aber dass dann noch einmal nachgelegt werden muss, womöglich wieder um 20 Prozent, vermag Thielsch nicht auszuschließen. "Es wird nicht weniger schlimm, wenn es länger dauert", räumt er ein. Die einzige Hoffnung, die er bis dahin hat: "Dass die Spekulationsblase beim Ölpreis platzt."

Womit er bei der viel diskutierten Bindung des Gaspreises an den Ölpreis ist. Da ist für Thielsch in den öffentlichen Stellungnahmen seitens der deutschen Politik und Kartellbehörden viel Augenwischerei im Spiel. "Niemand kann in die internationalen Beschaffungsverträge eingreifen."

Abgesehen davon sei er kein Verfechter der Ölpreisbindung, "aber es löst auch nicht alle Probleme, wenn man sie abschafft". In den USA seien die Gaspreise auch nicht niedriger, in Großbritannien zum Teil sogar höher - ohne Koppelung an die Ölpreisentwicklung.

Einen Sozialtarif für einkommensarme Endverbraucher den Versorgungsunternehmen aufzubürden, hält Thielsch für falsch: "Da muss die staatliche Sozialverwaltung helfen."

Derweil haben die Stadtwerke gegen je einen Kunden aus Burscheid und Witzhelden Klage eingereicht, die ihre Zahlungen nach Tariferhöhungen reduziert hatten. Thielsch ist sicher, am Ende Recht zu bekommen. Gleichwohl: Weil man am 1. August die Erhöhung von drei Preisänderungsterminen
(1. April, 1. Juli und 1. Oktober) zusammenfasse, werde man in den bundes- und landesweiten Vergleichsrankings vorübergehend zurückfallen.

Eon Ruhrgas wird auch ab Oktober für weitere zwei Jahre Gaslieferant für Burscheid sein. Acht Angebote waren auf die Ausschreibung eingegangen, fünf kamen in Betracht. Durch den Wettbewerb konnten die Beschaffungskosten um 0,25 Cent pro Kilowattstunde gesenkt werden. Zu großer Hoffnung gibt das aber keinen Anlass: Dieser Vorteil ist bei der Preiserhöhung ab August bereits eingerechnet.