Gezogen vor dem Zapfenstreich
Sebastian Grauf (21) ist mit einem weiteren Burscheider der letzte Pflicht-Rekrut aus der Lindenstadt.
Burscheid/Siegburg. Eigentlich hatte Sebastian Grauf schon mit der Bundeswehr abgeschlossen. „Ich hatte mich vor etwas mehr als einem Jahr beworben und wollte eine Laufbahn als Feldwebel einschlagen.“ Damals wurde der Burscheider nicht genommen — im Oktober 2010 hatte der 21-Jährige den Einberufungsbescheid im Briefkasten der Wohnadresse im Liesendahler Feld. „Da war ich schon ein bisschen überrascht.“
Statt völlig bedient zu sein, weil er nach der enttäuschenden Absage jetzt auch noch zu zu den letzten Pflicht-Rekruten im Land gehören sollte, sah Grauf eine neue Chance: „Eigentlich ist es ja besser so. Jetzt kann ich mir die Bundeswehr während meiner Wehrpflicht anschauen und mich dabei entscheiden, ob ich hier eine weitere berufliche Zukunft sehe. Jetzt kann ich mir diese Möglichkeit offen lassen.“
Zumal der Burscheider einen Trumpf in der Hinterhand hat: „Ich bin weiter angestellt bei meinem Arbeitgeber.“ Grauf arbeitet als Forstwirt bei einem Betrieb in Wipperfürth. „Mein Chef war zwar nicht begeistert, aber er unterstützt den Dienst am Vaterland.“
Häme und Spott für die Einberufung kurz vor dem Zapfenstreich für Wehrpflichtige (siehe Kasten) hat der 21-jährige Burscheider in seinem Freundeskreis übrigens nur verhalten geerntet. Und das hat einen guten Grund: „Einige meiner Freunde sind zurzeit selbst bei der Bundeswehr.“
Seinen Grundwehrdienst leistet Grauf in der Brückberg-Kaserne in Siegburg ab, gerade mal 50 Kilometer von hier entfernt. Nach dem Einkleiden in dieser Woche und der Geräteausbildung sowie der Belehrung über Rechte und Pflichten in den kommenden Tagen geht es nach drei Wochen zur Wachausbildung. Der Hauptauftrag des Wachbataillons: Die Soldaten lernen die „militärischen Ehren“, um die Bundesrepublik unter anderem bei Staatsbesuchen zu repräsentieren. „Bis März wird der Soldat Grauf dafür ausgebildet. Danach wird er schon einiges sehen und den einen oder anderen Staatsgast begrüßen“, sagt Oberfeldwebel Babak Zand. Nur Wehrdienstleistende mit den höchsten Tauglichkeitsgraden (T1/T2) würden genommen. Sie müssten körperlich besonders fit sein. „Sie müssen lange stehen können.“ Beispielsweise bei einem Großen Zapfenstreich oder bei Ehrenspalieren.