Jahrhundert-Rückblick aufdas Schöne und Schreckliche

1914 feiern die Burscheider die Eröffnung ihres Badehauses. Im selben Jahr beginnt der Erste Weltkrieg — und wirkt sich bis in die kleine bergische Kommune aus.

Rhein.-Berg. Kreis. Weil sich im kommenden Jahr der Beginn des Ersten Weltkriegs zum 100. Mal jährt, er aber in der Wahrnehmung meist hinter dem Zweiten Weltkrieg verblasst, stellt ihn der neue Rheinisch-Bergische Kalender 2014 bewusst an den Anfang.

Die Burscheider Autorin und Ratsfrau Sabine Wurmbach zeichnet ein gesellschaftliches Stimmungsbild unmittelbar vor dem Krieg am Beispiel von Burscheid, also quasi stellvertretend für das Bergische Land. Aus Zeitzeugnissen ergeben sich auch fragmentarische Eindrücke aus der Kriegszeit selbst. Insgesamt 142 Burscheider starben durch die Kriegshandlungen zwischen 1914 und 1918.

Der inzwischen 84. Kalender ist neben Publikationen des Bergischen Geschichtsvereins eine der ältesten Veröffentlichungen im Rheinisch-Bergischen. Er versammeltdiesmal rund 30 Geschichten sowie Lyrik (unter anderem von Georg Pawlak aus Burscheid). Und das in der bewährten Dreiteilung „Heimat und Geschichte“, „Menschen und Unternehmen“ und „Natur“.

Sabine Wurmbach hat dabei das Jahr 1914 nicht nur aus Kriegssicht in Augenschein genommen. Es ist zugleich auch das Jahr der Eröffnung des Burscheider Badeshauses. Inzwischen beherbergt es seit fünf Jahren unter gleichem Namen das Kulturzentrum des Burscheider Kulturvereins.

Wesentlich länger diente es aber als Anlaufstation für Körperhygiene (mit Duschen und Wannenbädern) und Badespaß (mit den zwei Außenschwimmbecken). Erst der Bau des Hallenbades im Hagen, das 1976 eingeweiht wurde, hatte neun Jahre später dann die Einstellung des Badebetriebes zur Folge.

Landrat Hermann-Josef Tebroke empfindet den Kalender als „identitätsstiftend“; dass es längst Sammler gebe, die auf sein Erscheinen warten, zeige die „Verbundenheit zu dem, was den Rheinisch-Bergischen Kreis ausmacht“.

Sein Erfolgsrezept sei die Vielfalt; Tebroke griff das Beispiel Loosenau (unterhalb der Staumauer der Große-Dhünn-Talsperre) heraus, zumal dort gerade wieder unglaublich viele Menschen beim Tag der offenen Tür waren. Die Loosenau sei heute möglicher Standort von Aqualon. „Und dann blättert man, stöbert, bleibt mal hier hängen und mal da. Das ergibt dann den Reigen der Vielfalt.“

Ein Ausdruck dieser Vielfalt ist auch die Beschäftigung der Burscheider Heimathistorikerin Marie-Luise Mettlach mit der Rechtsordnung Johann Wilhelms von der Pfalz, besser bekannt als Jan Wellem, der das Herzogtum Berg von 1679 bis 1716 regierte. Er war nicht nur wegen seines freundlichen Umgangs mit seinen Untertanen beliebt, sondern schuf mit seiner Rechtsordnung auch ein Stück Rechtssicherheit im Herzogtum.

Wurmbach und Mettlach sind altbewährte Autoren des Kalenders, aber auch fünf neue Namen tauchen in der aktuellen Ausgabe auf. Titelbild ist der Altenberger Dom in einer eher selten zu sehenden Blickrichtung von Osten her; Hans-Martin Heider wollte zusammenzählen, wie häufig der „Bergische Dom“ bereits Titelmotiv des Rheinisch-Bergischen Kalenders war. Er musste bis 1950 zurückblicken, als der Dom seinerzeit mit einem Linolschnitt auf dem Titel war.

Schriftleiter Norbert Orthen hat diesmal Wert darauf gelegt, den Bereich Natur zu weiten. Schmetterlinge, Nashornkäfer, Bienen und andere (Stachel-)Insekten sowie Eibe und Stechpalme sind dabei die Themen.

Orthen vermag Vielfalt nur dann gewährleisten, wenn nicht „große wissenschaftliche Abhandlungen“ gedruckt werden. Bernd Eßers Text über „Schienenverkehr in und um Leverkusen“ findet 2015 die zweite und letzte Fortsetzung; Texte solcher Länge wird es aber nicht mehr geben. Orthen will Zeilen- und Seitenzahlen künftig vorgeben.

Er ermuntert freilich, sich als Autor zu beteiligen, mit dem Rheinisch-Bergischen Kalender vielleicht auch ein Medium für erste Veröffentlichungen zu finden. Soll heißen: „Es müssen keine Profis sein, die Texte einreichen.“ Wichtig sei eigentlich nur die Begeisterung für ein Thema aus dem Bergischen Land.