Köln lehnt Wiedenhoff-Antrag ab

Das Hilgener Unternehmen hatte seine Buslinien ab Dezember eigenwirtschaftlich betreiben wollen. Nicht der einzige Fall im ÖPNV, der zu einem juristischen Dauerbrenner zu werden droht.

Rhein.-Berg. Kreis. Der Öffentliche Personennahverkehr im Rheinisch-Bergischen Kreis und in Leverkusen ist derzeit ein einziges Minenfeld. Einen so umkämpften Markt wie vor dem Fahrplanwechsel im kommenden Dezember hat es in der Region noch nie gegeben. Und wer in Behörden oder bei Unternehmen nach Klärung sucht, trifft vor allem auf Kopfschütteln oder diplomatische Formulierungen. Zu groß ist die Sorge, in die nächste juristische Falle zu tappen.

Immerhin: Die Bezirksregierung Köln hat am Donnerstag gegenüber dem BV bestätigt, den Lizenzantrag der Burscheider Firma Wiedenhoff abgelehnt zu haben. Wiedenhoff hatte beantragt, seine bisherigen Linien für weitere zehn Jahre betreiben zu können, allerdings jetzt eigenwirtschaftlich, also ohne die 1,4 Millionen Euro Zuschuss, die das Unternehmen bisher jährlich vom Rheinisch-Bergischen Kreis und der Stadt Leverkusen kassiert hat.

Offenbar hält Köln das wirtschaftliche Konzept nicht für tragfähig. Das ist doppelt brisant: Zum einen hatte Wiedenhoff den eigenwirtschaftlichen Betrieb erst beantragt, weil Kreis und Stadt schon eine Direktvergabe der bisherigen Wiedenhoff-Linien an die kommunale Wupsi angestrebt hatten. Begründung: Die Wupsi könne die Linien auch ohne die 1,4 Millionen betreiben.

Zum anderen steht noch ein anderer Lizenzantrag von Wiedenhoff in Köln zur Entscheidung aus: Denn im April hatten die Hilgener überraschend erklärt, ab dem nächsten Fahrplanwechsel gleich auch alle Wupsi-Linien ohne Zuschüsse fahren zu können. Die Wupsi erhält derzeit von ihren beiden Eigentümern insgesamt vier Millionen Euro jährlich. Wenn die Bezirksregierung aber Wiedenhoff schon den eigenwirtschaftlichen Betrieb der eigenen Linien nicht zutraut, scheint eine Zustimmung zu dem noch weitergehenden Antrag umso fraglicher. Hier soll die Entscheidung im August fallen.

Wiedenhoff hat aber die Möglichkeit, Einspruch einzulegen. Im Extremfall könnte eine juristische Auseinandersetzung bis zum Oberverwaltungsgericht führen. Und das kann Jahre dauern.

Ähnliches gilt auf der Vergabeseite. Schon 2015 hatten Rhein-Berg und Leverkusen beschlossen, der Wupsi für ihre Linien über eine Direktvergabe den Zuschlag für weitere zehn Jahre zu geben. Doch die Praxis der Direktvergabe schmeckte dem Leichlinger Busunternehmen Huttebräucker nicht. Sein Einspruch hatte vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf schließlich Erfolg. Die Konsequenzen treffen auch den privaten Konkurrenten Wiedenhoff: Dem entgehen wegen fehlender vertragsrechtlicher Grundlagen auch in diesem Jahr schon die kommunalen Zuschüsse.

Wie sich das schier undurchdringliche Gewirr an vergaberechtlichen und Lizenzfragen klären lassen soll, wagt derzeit niemand zu prognostizieren. Für den Kreis hat das ÖPNV-Thema, so Dezernent Gerd Wölwer, neben der Daseinsvorsorge (der staatlichen Verpflichtung zur Bereitstellung von Dienstleistungen) „auch ganz klar eine politische Dimension“. Man will angesichts der Verkehrsproblematik und ökologischer Ansprüche möglichst viele Stellschrauben in der Hand behalten.

Die Sorge: Sollte ein Privatunternehmen wie Wiedenhoff den Zuschlag für alle Buslinien erhalten, dann aber nach einigen Jahren kapitulieren müssen, weil die Eigenwirtschaftlichkeit nicht gewährleistet ist, gäbe es womöglich mangels Aufträgen bis dahin keine öffentlich-rechtliche Wupsi mehr mit ihren derzeit rund 400 Arbeitsplätzen. Andererseits wird beteuert, man wolle auch Wiedenhoff nicht in die Knie zwingen.

In dieser komplizierten Gemengelage erscheint derzeit am wahrscheinlichsten, dass es zu befristeten Notvergaben und einstweiligen Lizenzen kommt — mit dem möglichen Resultat, dass zum Fahrplanwechsel erst mal alles so bleibt, wie es ist, bis es in ferner Zukunft verbindliche Gerichtsentscheidungen geben wird.