Manege frei Auf Traumreise in die Welt der Kunst

Köln · Auf dem Kölner Neumarkt begann für Bernhard Paul und seinen Zirkus Roncalli 1980 mit dem Programm „Die Reise zum Regenbogen“ die große Erfolgsgeschichte. „Das Kölner Publikum hat damals uns das Leben gerettet.

Bernhard Paul und seine jüngste Tochter Lili an einem 80 Jahre alten Zirkuspferd in der Schalterhalle der Kreissparkasse.

Foto: step/Eppinger

Vor dem ersten Gastspiel waren wir verschuldet und es gab große Probleme. Dann hat uns Alfred Biolek in seine Sendung geholt und anschließend waren alle Vorstellungen ausverkauft. Danach waren wir schuldenfrei“, erinnert sich der Zirkuschef, der 2026 auf dem Neumarkt groß sein 50-jähriges Bestehen als Zirkusunternehmen feiern kann.

Sein Ziel, Clown zu werden, hatte ihn Mitte der 70er Jahre dazu gebracht, den eigenen Zirkus auf den Weg zu bringen. „Meine ersten Auftritte hatte ich als Ministrant in der Kirche und schon damals hatte ich meine Lacher. Begeistert hatten mich auch die Zirkuskinder, die bei uns während ihres Gastspiels in der Schule waren. Ich wollte unbedingt mitfahren, aber mein Vater hat mich am Ortsrand aus ihrem Wagen geholt“, erinnert sich Paul an seine Anfänge.

In dieser Woche beginnen
die Aufbauarbeiten in Köln

Vom 12. April bis zum 26. Mai kommt er zu seinem 21. Heimspiel auf den Kölner Neumarkt. Dort beginnen gerade die Aufbauarbeiten. Dabei gibt es für den erfahrenen Zirkuschef so manche Herausforderung zu bewältigen. „Die Brunnenbaustelle musste dort erst wieder zugebaut werden, sonst wäre der Zeltaufbau auf dem Neumarkt so nicht möglich gewesen. Diese wird auch von unseren Steuergeldern bezahlt, denn Roncalli hat seinen Unternehmenssitz nach wie vor in Köln und die Erlöse all unserer Tourneen kommen auch der Stadt zugute.“

Der Brunnen war allerdings nicht die einzige Kölner Herausforderung für Roncalli: „Wir haben dreimal versucht, in Köln auf dem Roncalliplatz unseren Weihnachtsmarkt der Stadt anzubieten, und sind jedes Mal gescheitert. In Hamburg ist der Markt der Besuchermagnet. Inzwischen gibt es auch Ableger in Hannover und Düsseldorf”, sagt Paul, der auch mit seinen Plänen für ein eigenes Varietétheater von Köln in die Landeshauptstadt ausweichen musste.

Zu seinen großen Plänen gehört weiter das eigene große Zirkusmuseum im Roncalli-Winterquartier in Mülheim. Als Basis soll Pauls umfangreiche Zirkus- und Musiksammlung dienen, die er nur zu gerne endlich der Öffentlichkeit zugänglich machen würde. Dazu gehören auch mehr als 350 Gitarren unter anderem von Status Quo und David Bowie, Bühnenanzüge der Beatles und das letzte Filmkostüm von Marlene Dietrich. „Hier läuft seit vielen Jahren bei der Stadt eine Anfrage für das Nachbargrundstück. Passiert ist bislang leider noch gar nichts.“

Zu den neuesten Plänen von Bernhard Paul zählt ein eigener, poetischer Weihnachtszirkus in Köln, für den aktuell die ersten Planungen noch laufen. Sicher ist zumindest in Rücksprache mit der OB, dass Roncalli sein 50-jähriges Jubiläum 2026 zu Hause auf dem Neumarkt feiern kann. „Geplant sind unter anderem eine TV-Serie zu unserer Geschichte, ein großer Bildband und eine Fotoausstellung“, verrät Paul.

Zu den jüngsten Erfolgsstationen in der eigenen Geschichte gehört definitiv das erste Gastspiel in New York, wo Paul mehr als 100.000 Zuschauer begrüßen konnte. Darunter waren auch Topstars wie Robert De Niro, Scarlett Johansson und Isabella Rossellini. „Die Idee ist schon lange davor bei einem Treffen mit Andy Warhol entstanden. Er war oft bei uns im Zirkus und hat gesagt, dass wir unbedingt nach New York kommen müssen. Das hat jetzt etwas gedauert, dafür steht jetzt fest, dass wir auch in diesem Jahr in New York wieder zu Gast sein werden.“

Doch nun liegt für Paul der Fokus zunächst auf dem aktuellen Heimspiel auf dem Neumarkt, ein Platz, der schon auf eine lange Zirkusgeschichte zurückblicken kann. Der Titel „ARTistART“ versteht sich als Fortsetzung des Vorgängerprogramms „ALL for ART for ALL“ und lädt die Zuschauer in Köln zu einer Traumreise durch die vielfältige Welt der Kunst ein. Inspiriert von großen Künstlern wie Keith Haring, Frida Kahlo, Picasso oder Toulouse-Lautrec verschmelzen deren weltbekannte Motive mit den artistischen Darbietungen zu einem Gesamtkunstwerk.

Zu den Artisten in der Manege wird während der gesamten Zeit auch Pauls jüngste Tochter und „Let’s Dance“-Gewinnerin Lili Paul-Roncalli mit ihrer Kontorsionskunst, mit der sie ihre enorme Beweglichkeit unter Beweis stellt. „Für mich bedeutet das, sechs Wochen mit der kompletten Familie zu Hause zu sein. Bei Roncalli bin ich aufgewachsen und hatte die schönste Kindheit, die man sich denken kann“, sagt die Artistin.

Zur Zirkusfamilie gehört auch längst Weißclown Gensi, der seit fast 20 Jahren bei Roncalli auftritt. Dazu kommen die jungen wilden Clowns Matute aus Chile und Canutito Jr. aus Peru. „Ich bin ständig auf der Suche nach neuen Talenten, früher kamen die meisten aus Russland oder der Ukraine. Das ist aber wegen der aktuellen Situation eher schwierig. Daher fällt jetzt der Blick verstärkt nach Südamerika. Gute Clowns zu entdecken und zu formen, ist nicht einfach“, berichtet Bernhard Paul.

Das neue Programm habe wieder die typischen Roncalli-Elemente wie Poesie, Komik und hochklassige Artistik und sei mit viel Liebe gemacht worden. Als Artisten kommen in die gewohnt tierfreie Manege zum Beispiel die Illusionistin Alexandra Saabel, der Verbiegungskünstler Andrey Romanovski, die Luftring-Virtuosin Alisha Sheter, der chinesische Ausnahmeakrobat Zhenyu Li, der Jongleur Noel Aguliar, die Dancecrew Adem und Professor Wacko mit seinen Slapsticks rund um das Trampolin. Einige von ihnen waren auch beim erfolgreichen Gastspiel in New York dabei.