Humor Blick auf die „Generation allein“

Köln · Am 9. März ist der Wuppertaler Kabarettist Jens Neutag ab 20.15 Uhr mit seinem aktuellen Programm „Allein – ein Gruppenerlebnis“ zu Gast im Kölner Senftöpfchen an der Großen Neugasse 2-4. Karten gibt es ab 26,40 Euro unter www.senftoepfchen-theater.de.

 Am 9. März kommt Jens Neutag ins Senftöpfchen in der Kölner Altstadt.

Am 9. März kommt Jens Neutag ins Senftöpfchen in der Kölner Altstadt.

Foto: Olli Haas

Wir haben vor dem Gastspiel mit Jens Neutag über den Krieg in der Ukraine, die Arbeit in der Pandemie und seine Beziehung zur Wahlheimat Wuppertal gesprochen.

Wie gehen Sie als Kabarettist mit der aktuellen Situation in der Ukraine um?

Jens Neutag: Es findet natürlich Erwähnung, weil es die aktuellen Schlagzeilen dominiert. Ansonsten macht es mich, wie viele andere Menschen wohl auch, eher sprachlos.

Wie erleben Sie die Situation in der Pandemie?

Neutag: Im Vergleich zum Vorjahr ist die Situation besser – im Februar 2021 hatten wir noch Lockdown, da war überhaupt nichts möglich. Aber auch jetzt gibt es Bundesländer, in denen noch keine Auftritte möglich sind. Bayern hat beispielsweise erst gerade die Regelung zur Auslastung der Sitzplätze verbessert – da öffnen jetzt wieder die Theater. Die Leute sind aber bei Theaterbesuchen immer noch sehr zögerlich und so fallen auch noch Auftritte aus, da die Zuschauerzahlen zu gering sind. In der Regel haben wir momentan eine durchschnittliche Auslastung von 30 bis 50 Prozent. 

Was ist das für ein Gefühl, vor einem Publikum mit Masken aufzutreten?

Neutag: Vor zwei Jahren wäre so etwas noch undenkbar gewesen. Inzwischen gehört das zu unserem Alltag und ich bekomme zumindest akustisch Rückmeldung aus dem Publikum. Insgesamt ist man bei seinen Erwartungen durch die Pandemie bescheidener geworden. Und Masken sind doch noch die geringste Einschränkung. Natürlich freue auch mich, bald wieder in Gesichter sehen zu können. 

Haben Sie in den vergangenen zwei Jahren auch digitale Formate genutzt?

Neutag: Anfang 2021 habe ich meinen Jahresrückblick digital angeboten. Es war besser, als gar nicht mehr stattzufinden. Aber es war komisch, statt ins Publikum auf eine Kamera zu blicken und gar kein Feedback zu bekommen. Und es war sehr aufwendig und hat viel Zeit gekostet. Kabarett ist ein Genre, das von den Reaktionen des Publikums lebt. Beim Comedyfestival in Moers gab es eine Zwischenlösung. Da waren die Zuschauer über eine App zugeschaltet und konnten per Click Applaus auslösen. Das war zwar zeitverzögert, aber schon deutlich besser. Aber auch das ersetzt kein reales Publikum live vor Ort. 

Waren Sie auch mal im Autokino?

Neutag: Im Autokino war ich nicht, dafür aber einer Bühne, die auf einem Parkplatz stand. Das war im Mai 2020, wo alles wieder so langsam losging. Schwierig war, dass die Sonne auf den Windschutzscheiben reflektiert hat und man die Leute im Auto nicht sehen konnte. Ich war mir noch nicht mal sicher, ob da wirklich Menschen drinsitzen. Das war eine ziemlich absurde Situation. 

Der Titel Ihres aktuellen Programms „Allein – ein Gruppenerlebnis“ passt gut in diese Zeit.

Neutag: Der Titel stand aber schon vor Corona, da hatte ich bereits das Programm komplett fertig. Ich habe mir vor den ersten Auftritten überlegt, was der Titel bei den Leuten jetzt auslöst. Aber beim ersten Auftritt war der letzte richtige Lockdown schon eine Weile her und so gab es keine direkten Assoziationen dazu. Es geht auch um eine ganz andere Ebene. 

Was war die Idee hinter dem Programm?

Neutag: Ich suche immer einen Titel, der sich bei den Leuten verfängt und der nicht beliebig ist. Der Anlass dazu war ein Artikel über junge Leute zwischen 20 und 29, die als „Generation allein“ bezeichnet wurden und die keinen großen Wert mehr auf soziale Bindungen legen. Das passt auch zu den Promis, die sich nicht als Single bezeichnen, weil sie eine Beziehung zu selbst haben. Um den Titel spannt sich eine kleine Rahmenhandlung vom Survival draußen im Wald. Das bedeutet für einen Kabarettisten eine schöne Reibung und viele skurrile Momente. 

In der Politik hat man bei der neuen Bundesregierung auch das Gefühl, dass da viele Minister nur mit sich selbst eine Beziehung aufgebaut haben und nicht besonders teamfähig sind.

Neutag: Die Regierung ist im Moment wohl noch in der Findungsphase. Und die ist hoffentlich bald beendet. Mein Programm richtet sich aber eher an langfristigen Themen wie dem Pflegenotstand oder dem jetzt abgebrochenen militärischen Engagement in Afghanistan aus. 

Wie entsteht bei Ihnen ein neues Programm?

Neutag: Irgendwann kommt die Entscheidung, dass ich ein neues Programm brauche. Das passiert etwa im Drei-Jahres-Rhythmus. Zunächst arbeite ich am Programmtitel, der auf den Plakaten für die neue Tour wirbt. Meist sind schon zwei oder drei neue Nummern da. Um die baue ich dann meine Geschichte und suche dabei nach weitere Themen, die ich für kaberettabel halte. Dann beginne ich zu schreiben und ziehe mich später mit meinem Regisseur zwei oder drei Wochen für die Proben zurück. Früher haben sich die Kollegen noch stärker tagesaktuell ausgerichtet. Aber in unserer schnelllebigen, digitalen Zeit, ist eine Geschichte vom Montag am Freitag schon komplett in den sozialen Medien durch. Das passt dann nicht mehr auf die Kabarettbühne. Das Programm, das ich jetzt spiele, war dank Corona noch nicht oft auf der Bühne zu sehen. Es ist also noch ziemlich frisch. 

Welche Beziehung haben Sie als gebürtiger Remscheider zu ihrer Wahlheimat Wuppertal?

Neutag: Wuppertal war für mich als Remscheider die nächste größere Stadt. Ich hatte dort auch meine erste eigene Wohnung. Dann habe ich in Düsseldorf studiert und dort lange gewohnt. Später gab es Stationen unter anderem Dortmund und Hamburg. Dass ich von Hamburg ausgerechnet nach Wuppertal zurückgekehrt bin, haben nicht alle verstanden. Aber ich mag die Normalität, die diese Stadt im Vergleich zu Düsseldorf oder Hamburg ausstrahlt. Und tourneetechnisch liegt Wuppertal super, da muss man als Familienmensch nicht immer tagelang unterwegs sein.

Und wie ist das Verhältnis zu Köln und den Kölnern?

Neutag: Ich freue mich immer gerne in Köln aufzutreten. Die liberale Weltoffenheit der Menschen ist ein guter Nährboden für alles Kabarettistische, kombiniert mit der rheinischen Fröhlichkeit steht einem angenehmen Kabarettabend nichts mehr im Wege.