Natur Die Kobolde der Nacht sind wieder aktiv

Leverkusen. · Das Leverkusener Siebenschläfer-TV ist wieder online und gibt Einblicke in die besondere Welt der kleinen Nager.

Junge Siebenschläfer balgen in ihrer Nisthöhle um eine Nuss.

Foto: Nabu/Dr.H-M Kochanek

Die Leverkusener Siebenschläfer sind aus sieben Monaten Winterschlaf erwacht und das bundesweit einzigartige Siebenschläfer-TV vom Naturschutzverein Nabu Leverkusen ist wieder online. Live kann ab dem 1. Juni weltweit per Internet das bunte Treiben der wild lebenden Siebenschläfer in ihrem Wohnzimmer beobachten.

„Das Interesse der Internetnutzer am Siebenschläfer-TV und seinen Hauptdarstellern ist enorm. Das muntere Treiben der Leverkusener Siebenschläfer stieß auch 2018 auf reges Interesse und wurde in den fünf Monaten der Webcam-Übertragung von über 88.000 Menschen angeschaut. Die Zuschauer kamen dabei nicht nur aus dem deutschsprachigen Raum, sondern insgesamt aus inzwischen mehr als 60 Ländern“, berichtete Erich Schulz, der Nabu-Vorsitzende. Eines der Ziele des Projektes ist, das geheime Leben und Verhalten dieser netten Säugetiere mit Hilfe einer Live-Webcam in die heimischen Wohnzimmer zu transportieren. Hierdurch können die Internetnutzer das sympathische, nachtaktive Tier und seinen Lebensraum hautnah kennenlernen.

Pädagogische Angebote
für Grundschulkinder

Doch das Siebenschläfer-Projekt bietet noch mehr. Speziell 2019 möchte es mit einem neu entwickelten pädagogischen Programm zusätzlich auch Kinder im Vorschulalter und Kinder der ersten Klasse erreichen. Für Leverkusener Kindergärten und Schulen von Grundschule über Sekundarstufe1 bis zu Sekundarstufe 2 gibt es jetzt das Angebot einer kostenlosen pädagogischen Einheit zur Ökologie des Siebenschläfers und seiner Rolle im komplexen Ökosystem des Waldes. Die Unterrichtseinheit besteht aus einer einstündigen Impulseinheit in der Schule bzw. im Kindergarten. Und dann geht es hinaus in den Wald, die Heimat des Siebenschläfers. Dort lernen die Kinder und Jugendlichen mit viel Spaß das „Wohnumfeld“ des Nagers näher kennen und schauen auch live im Internet, was die Leverkusener Siebenschläfer gerade treiben. Wenige Plätze sind noch frei.

Wer über die Aktivitäten im Wohnzimmer der Siebenschläfer informiert werden möchte, kann auch Follower auf der spannenden Facebookseite „Familie Siebenschläfer – geheimnisvolle Nachtschwärmer“ werden.

Spenden und Fördermittel ermöglichen das Projekt

Möglich wird das Siebenschläfer-TV durch eine Förderung von der Deutschen Postcode Lotterie und durch Spenden von Internet-Zuschauern. Nur durch die Förderung kann das Projekt durchgeführt werden, denn neben vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit wäre die umfangreiche live-view-streaming Technik und die pädagogische Arbeit finanziell zu aufwendig für den Verein geworden.

2015 begann das Projekt. Die Siebenschläfer belohnten in allen vier Jahren die engagierten Bemühungen der Naturschützer mit Einblicken in ihre Wohnstube. Sie präsentierten Putzaktionen, gemütliches Chillen oder die Balz, und auch die Geburt der nackten rosa Jungen konnte beobachtet werden. Auch das Größerwerden der Jungen konnte live miterlebt werden. Zuerst entwickelte sich das graue Fell, und mit 21 Tagen öffneten sie bereits ihre Augen. Bald darauf trainierten sie als Vorbereitung auf die Zeit außerhalb des Nistkastens ihre Muskeln beim Balgen und Klettern.

Nistkästen: Einblicke in das Wohnzimmer der Nager

Auch in 2018 waren die Siebenschläfer „kooperativ“ und zogen in fast alle mit Kameras ausgestatteten Nistkasten ein. Am Anfang konnten die Internet-user miterleben, dass bis zu sieben erwachsene Siebenschläfer in einem Nistkästen den Tag verbrachten und kuschelten. Dann wurden schon Mitte Juli die ersten Jungen geboren – früher als erwartet. Da das Wetter im Sommer sehr heiß war, musste das Muttertier seine nackten Jungen nicht so intensiv mit Blättern wärmen – die Einblicke waren also perfekt. Als die Jungen dann größer wurden, waren sie aber kaum noch zu bremsen und ihre Kletterkünste konnten gut beobachtet werden - teilweise auch kopfunter an den Wänden entlang.

2018 waren drei außergewöhliche Vorfälle bei den Siebenschläfern zu beobachten: Der erste Vorfall war eine „Spontanvermehrung“ in einem Nistkasten: statt sechs Junge waren plötzlich 14 Junge zu zählen – ein herrliches Durcheinander von Fell, Pfoten, Ohren und kleinen Schwänzchen. Es hatten sich spontan zwei Familien dazu entschlossen zusammenzuwohnen. Der zweite Vorfall war, dass eine Siebenschläfer-Familie über Nacht aus dem live im Internet gezeigten Nistkasten ausgezogen ist – das ist bei Siebenschläfern durchaus üblich, sofern sie gestört werden. Es wurde dann auf einen anderen Nistkasten umgeschaltet, in der eine andere Siebenschläfermutter ihre Kinder großzog. Der dritte Vorfall war Mitte August, als die Mutter von acht Jungen nicht wieder in den Nistkasten zurückkam. Die Naturschützer entschlossen sich nach einem Tag des Wartens, die vier Wochen alten Jungen in menschliche Obhut zu geben, da sie noch nicht selbstständig genug waren, um zu überleben. Alle acht Jungen konnten nach drei Wochen Aufpäppeln in einer Voliere wieder ausgewildert werden.

Mit der Erfahrung der vergangenen Jahre wurden in 2019 die Nistkästen und die Technik noch einmal optimiert, und die Übertragung des Lebens der Siebenschläfer wird in HD-Qualität gesendet werden. „Wir freuen uns schon auf die neuen Einblicke in das Leben dieser faszinierenden Tiere“, sagt die Projektkoordinatorin des Nabu Leverkusen Regine Kossler. „Viele Highlights haben wir als Videos über Youtube ins Netz gestellt - so können sie immer abgerufen werden. Sie wurden in den vier Jahren insgesamt 52.000 mal angeschaut“.

Die nachtaktiven Nager mit dem buschigen Schwanz sind Ende Mai aus ihrem sieben Monate dauernden Winterschlaf erwacht und haben jetzt ein straffes Zeitprogramm vor sich. Zunächst heißt es möglichst viel fressen, denn der lange Winterschlaf hat alle Fettreserven schrumpfen lassen. Dann muss ein Revier abgesteckt und ein Platz zur Gründung einer Familie gefunden werden.

Siebenschläfer sind Höhlenbewohner und nutzen zum Beispiel Höhlen von Spechten als Unterschlupf und für die sichere Aufzucht der Jungen. Da in unseren Wäldern alte, dicke Bäume mit Höhlen jedoch selten geworden sind, verwenden die munteren Kobolde der Nacht auch gerne Nistkästen. Hat im Frühjahr bereits eine Meise in diesem Kasten gebrütet, nehmen sie das Meisennest als kuscheligen Untergrund.

Wieder ein Beispiel dafür, dass nur durch das Vorhandensein vieler Lebewesen (Artenvielfalt) die wichtigen Kreisläufe der Natur gut funktionieren können. In mehrere dieser Nistkästen hat das Siebenschläfer-Team jetzt wieder Kameras eingebaut und kann so alle Abschnitte des Familienlebens beobachten.