Sommerfestival Musik, die Grenzen überwindet
Köln · Vom 16. bis 18. August ist „The Sound of Classic Motown“ zu Gast in der Kölner Philharmonie. Ron Williams ist bei der Show der Radio-DJ Dr. Feelgood.
Für das erfolgreichste Plattenlabel aller Zeiten sind die Anfänge eher beschaulich. 1959 wird Motown von Berry Gordy Jr. in der Garage seines Einfamilienhauses in der Motorstadt Detroit gegründet. Das Startkapital beträgt gerade mal 800 Dollar. Bevor Gordy ins Musikgeschäft einsteigt, ist er Stuckateur und Autopolsterer in der Nachtschicht bei Ford. Und er ist ein leidenschaftlicher Musikfan, der als Afroamerikaner nicht einsehen will, dass das Musikbusiness immer noch eine weiße Domäne ist. Die Schwarzen machen zwar Musik, das Geld damit verdienen aber Weiße.
„Schwarze Musik hatte es in den 50er und zu Beginn der 60er Jahre noch schwer beim weißen Publikum. Sie wurde bei schwarzen Labels produziert und von Schwarzen gekauft. Das war der schwarze Sound der Südstaaten. Dieser Soul war sehr hart und nicht clean. Die Grooves waren für Weiße sehr schwierig“, sagt Musikfan Ron Williams, der bei der Show „The Sound of Classic Motown“, die vom 16. bis zum 18. August nach Köln kommt, als Radio-DJ Dr. Feelgood durch das Programm führt.
Schwarzer Soul
für weiße Musikfans
Gordy hatte bei der Gründung seines Labels ein Ziel, er will schwarzen Soul auch für Weiße machen. Dazu sucht er junge afroamerikanische Künstler wie Diana Ross und The Supremes und baut diese auf. Dazu gehörte das Notenlesen und das Gefühl für Melodien genauso wie die richtige Kleidung oder der richtige Bühnenauftritt. Manchmal gab es auch noch einen Benimmkurs als Zugabe.
„Es war ein neuer Beat, der auch die Weißen zum Tanzen brachte. Menschen aller Hautfarben konnten diesen Sound genießen und das in einer Zeit, in der die Staaten sehr rassistisch waren. Gordy hat mit seinem Label und seiner Musik etwas geschafft, das Martin Luther King und seiner Bürgerrechtsbewegung so nicht gelungen war – Schwarze und Weiße tanzten zusammen. Der Rhythmus durchbrach Grenzen. Das gilt bis heute beim Rap oder beim HipHop. Auch das ist der Sound eines jungen Amerika. Und es machte Motown zum erfolgreichsten Label aller Zeiten – mit 180 Nr. 1-Hits weltweit“, sagt Williams.
So manchen Star von Motown hat er schon persönlich getroffen wie Michael Jackson. Mit den Temptations stand er gemeinsam auf der Bühne, von Stevie Wonder gab es einen Handschlag. Weitere Stars von Motown waren beispielsweise Diana Ross & The Supremes, The Marvelettes Marvin Gaye, The Four Tops oder die Jackson 5. „Meine persönlichen Helden waren die Temptations als beste Boyband und Marvin Gaye.“
Ron Williams ist nach wie vor ein großer Soul- und RnB-Fan – entsprechend groß ist die Freude, als er in der Zülpicher Straße in Köln bei einem Pressetermin die Soul Bar für sich entdeckt, die gerade diese Musik jungen Menschen präsentiert. Nach Deutschland kam der gebürtige Kalifornier Angang der 60er Jahre mit der US-Army als GJ. Er wurde in den USA zum Militärpolizist ausgebildet und wurde später in Stuttgart stationiert. „Das war aber nicht mein Ding und so bin ich zum US-Radiosender AFN gegangen und habe als Journalist und Radioansager gearbeitet.“
Zu den ersten deutschen Musikern, die Williams kennenlernt, gehören Udo Jürgens und Horst Jankowski. „Mir war schnell klar, dass ich nicht in die USA zurückmöchte und habe dann als politischer Kabarettist gearbeitet. Später kamen Jobs als Sänger und Schauspieler dazu. Ich habe mit Sendungen wie der „Musik-Szene“ vom WDR auch viel im Fernsehen gearbeitet und war auch oft in Köln“, erinnert sich Williams. Seinen ersten großen Auftritt im Ensemble hat er 1968 beim Musical „Hair“. Mit seinem kritischen Song „Ich bin ein Farbiger“, löst er einen kleinen Skandal aus.
Mit der Motown-Show ist Williams nun seit vier Jahren unterwegs. „Die Basis der Show sind Topmusiker, die die alten Songs nicht einfach covern, sondern auf ihre Art und Weise interpretieren. Die Arrangements bleiben aber klassisch. Das bringt einen hohen Grad von Authentizität mit sich, der das Publikum begeistert. Alle sind als Performer mit dem Soul groß geworden und haben wie die meisten schwarzen Künstler mit Gospel in der Kirche begonnen. Die Leute verlassen nach der Show tanzend und lachend die Säle. Mein Job ist es, den Leuten das Grooven beizubringen. Und es gibt Geschichten und Infos rund um die Songs und Künstler.“
Auf die Frage, wie er den Rassismus in der heutigen Zeit einschätzt, findet Williams klare Worte: „Der Rassismus gerade auch durch Parteien wie die AfD ist schlimm. In den USA wird alles durch diesen rassistischen Präsidenten weiter angeheizt. Ich fürchte, es wird immer Rassismus geben, denn die Dummheit gehört leider zur DNA des Menschen. Das ist grauenhaft. Wir versuchen es trotzdem mit der Musik in der Show jeden Abend dagegen anzukämpfen und ich prangere die Missstände bei meinen Auftritten an. Die stärkste Sprache gegen Rassismus bleibt die Musik, wenn sie durch den Körper geht und ihre Energie überträgt“, sagt der Wahlmünchener, der ab sofort auch in der Fernsehserie „Lindenstraße“ zu sehen ist.