Museum Ehemaliges Museum wieder sichtbar
Köln · Das ehemalige Rautenstrauch-Joest-Museum am Ubierring 45, dem gründerzeitlichen Bau in der Kölner Südstadt, zieren äußert anspruchsvolle und aufwendige Fassadenarbeiten, die – wie Gebäude und Fassade insgesamt – im Rahmen einer Generalsanierung mit Umnutzung für Schulen restauriert wurden.
Dazu war die Fassade fast zwei Jahre eingerüstet und mit Planen verhüllt. Das aus mehr als 3000 Einzelteilen bestehende Gerüst soll bis heute vollständig abgebaut sein. Der Fußweg vor dem Gebäude steht danach wieder komplett zur Verfügung.
Dacharbeiten wurden
um zwei Jahre vorgezogen
Die Fassadensanierung startete im Januar 2020 und wurde im September dieses Jahres abgeschlossen. Über das Ende der Arbeiten an Fassade und Kunsthandwerk hinaus wurde das mehr als 3000 Einzelteile zählende Baugerüst noch einige Wochen weiter als Sicherung für Dacharbeiten genutzt. Diese waren ursprünglich erst für 2023 vorgesehen, wurden aber aufgrund der sich häufenden Regenfälle vorbeugend vorgezogen. Das Flachdach sowie das Satteldach samt Holz und Eindeckung wurden saniert, um das Risiko bei bestimmten Wetterlagen noch weiter zu minimieren. Da die Dachsanierung nun ebenfalls abgeschlossen ist, verschwinden alle Gerüste und Planen und der Blick auf diese besondere und wertvolle historische Fassade ist in frischen Farben und voller Schönheit wieder freigegeben.
Das 1904 bis 1906 von Erwin Crones errichtete Gebäude überdauerte den Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschadet. Die Steinmetzarbeiten an der Fassade waren jedoch komplizierter als angenommen. Nach der Demontage von Tuffsteinplatten in der Fassade waren im März 2020 sogenannte Sgraffitos des Künstlers Otto Helmut Gerster entdeckt worden. Sgraffitos sind Wandkunstwerke, bei denen verschiedenfarbige Putzschichten übereinandergelegt werden. Durch Abkratzen der oberen Schichten stößt man auf die andersfarbigen unteren Schichten, wodurch zum Beispiel architektonische, figürliche oder ornamentale Dekorationen erzielt werden können.
Die Sgraffitos am Ubierring sind in Schwarz, Olivgrün und Weiß gehalten und ausgezeichnet erhalten. Die Oberflächen sind weitgehend unbeschädigt. Laut dem Amt für Denkmalschutz und Denkmalpflege handelt es sich um einen besonders erhaltenswerten Fund und einen Glücksfall, dass die Sgraffitos in dieser Qualität und Vollständigkeit vorhanden sind.
Das Gebäude am Ubierring wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zeitweise als Spielstätte der Kammerspiele Köln genutzt. Als die ersten verbauten Fenster im ersten Obergeschoss geöffnet wurden, kamen in der Fassade die Wandkunstwerke Gersters zum Vorschein, die vermutlich um 1967 mit den Tuffsteinplatten verkleidet wurden, als das Rautenstrauch-Joest-Museum am Ubierring 45 seine Wiedereröffnung feierte.
Die künstlerisch bearbeiteten Wandflächen zeigen auf die Kammerspiele bezogene Motive: drei figürliche Darstellungen mit Symbolgestalten aus dem klassischen Drama, dem Tanz und der Komödie direkt über den drei Eingangsportalen sowie die Theaterstilleben in den seitlichen Fensterpaaren. Auf die Fassade aufgebracht wurden sie sehr wahrscheinlich unter der Mitwirkung von Studenten von Gerster, der von 1947 bis 1972 als Professor der Klasse für Wandmalerei und figürliche Komposition an den Kölner Werkschulen - dem heutigen Fachbereich „Kunst und Design“ an der Technischen Hochschule - in der Nachbarschaft tätig war. Von Otto Helmut Gerster gibt es nur noch wenige erhaltene Kunstwerke. Insofern sind die Darstellungen auch aus kunsthistorischer Sicht ein sehr wertvolles Dokument für das Schaffen des Künstlers.
Die alte, neu entdeckte Wandkunst wurde fachgerecht wie behutsam in engster Abstimmung mit der Denkmalpflege der Stadt sowie des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland weiter untersucht. Alle sieben Stücke wurden nach Freilegung restauriert und sollen teilweise wieder sichtbar gemacht werden. Seit Dezember 2020 ist das unter Leitung der Gebäudewirtschaft der Stadt zur Übergangsschule umgebaute Objekt in Betrieb. Nach Einzug der Jahrgangsstufe 11 der Integrierten Gesamtschule Innenstadt folgte nach den Sommerferien auch die Jahrgangsstufe 12.
Insgesamt hat die Gebäudewirtschaft der Stadt in die Komplettsanierung des ehemaligen Museums und in dessen Umnutzung als dauerhaften Schulstandort für weitere Schulen sowie den Erhalt des Baudenkmals inklusive der Restaurierung und Verkehrssicherung der Fassade rund 19 Millionen Euro brutto investiert. Davon entfielen nur auf die Fassade – für Steinmetzarbeiten, denkmalgeschützte Fenster und Türanlage sowie Gerüst – rund 2,2 Millionen Euro.