Ausstellung Begegnungen mit der Minderheit Ainu

Köln · Das Rautenstrauch-Joest-Museum (RJM) zeigt noch bis zum 20. Februar die Ausstellung „Eine Seele in Allem – Begegnungen mit Ainu aus dem Norden Japans“, die die Ainu-Gruppen und ihren Weg nach Anerkennung in den Fokus nimmt.

Ainu-Frauen bei einem traditionellen Tanz.

Foto: The Foundation for Ainu Culture

Der Besuch einer japanischen Delegation im Herbst 2019, die „Ainu-Sammlungen“ in europäischen Museen dokumentierte, war Anlass für die Ausstellung. Sie wurde gemeinsam mit einer Vielzahl von Ainu-Aktivisten, Wissenschaftlern und Künstlern entwickelt, um die Stimmen der Ainu hörbar zu machen.

Die Gruppen der Ainu gelten als die indigenen Bewohner Nordjapans, die ursprünglich als Jäger-Sammler-Gemeinschaften überwiegend auf den Inseln Hokkaido und Sachalin lebten. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden sie von Japan kolonisiert, umgesiedelt und ausgebeutet. Erst nach Mitte des 20. Jahrhunderts besannen sie sich wieder immer mehr auf ihre Traditionen. Das war der Anfang einer Revitalisierungsbewegung, die 2008 zur ihrer Anerkennung als indigene Gruppe und 2019 zu ihrer offiziellen Anerkennung als Minderheit mit eigenen Rechten in Japan führte.

Einblick in Glaubensvorstellungen und die materielle Kultur

In der Ausstellung liegt der Schwerpunkt auf der aktuellen Revival-Bewegung mit einer Vielzahl von Stimmen unterschiedlicher Ainu-Aktivisten. Die Besucher erfahren mehr über die Geschichte der musealen Sammlung, bekommen einen Einblick in die Glaubensvorstellungen und einen Eindruck von der Schönheit der materiellen Kultur.

Ein besonderer Höhepunkt stellt ein besticktes Gewand aus Rindenbast aus dem 19. Jahrhundert dar. Traditionell haben textile Techniken bei den Ainu einen hohen Stellenwert und machen es Frauen möglich, ihre Individualität zum Ausdruck zu bringen. Als Materialien für Gewänder wurde häufig Gewebe aus den Rindenfasern von Linde und Ulme verwendet, die zusätzlich bestickt und mit Applikationen verziert wurden. Zum Teil wurden diese Traditionen bis heute weitergeführt beziehungsweise wiederbelebt.

Aber auch zeitgenössische künstlerische Positionen wie die berührenden Arbeiten der Künstlerin und Ainu-Aktivistin Mayunkiki stehen im Zentrum. In ihren Videoarbeiten reflektiert sie, was es bedeutet „Ainu“ zu sein und damit Teil einer gesellschaftlichen Minderheit in Japan. Die Auseinandersetzung mit ihrer Tradition der Tatauierung von Frauen und die Reaktionen der Gesellschaft wie auch ihrer eigenen Familie dokumentiert sie akribisch.

Ergreifende Porträts der alten wie auch der jungen Generationen von Ainu der italienischen Dokumentarfotografin und Regisseurin Laura Liverani setzen einen Kontrapunkt zu den historischen Porträts von Ainu in der fotografischen Sammlung des RJM. Die fotografischen Selbstinszenierungen vermitteln auf sensible Weise die Verankerung in der Gegenwart und zugleich ein erstarktes Bewusstsein der Traditionen. Der französische Zeichner und Video-Künstler Boris Labbé verschränkt in seinen Video-Projektionen die Dopplungen, Spiegelungen und Verflechtungen der Muster von Ainu-Textilien und Lautmalerei der Ainu-Gesänge.

Die in Norwegen lebende Ainu-Aktivistin und -Wissenschaftlerin Dr. Kanako Uzawa interpretiert auf persönlicher und künstlerischer Ebene traditionelle Ainu-Tänze neu. In ihrer Promotionsarbeit setzt sie sich intensiv mit der gesellschaftlichen Position der Ainu auseinander und regt so eine Sensibilisierung in der Wahrnehmung von Minderheiten an. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei. Weitere Informationen gibt es unter: